Ortschronik Wildenreuth

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Sagen und Erzählungen



Hofmark Wildenreuth
Auf recht eigenartige Weise soll die Hofmark Wildenreuth in den Besitz der Freiherren von Podewils übergegangen sein.
Hans Reichard Wild war im Jahre 1611 als Letzter des uralten Geschlechtes der „Wilde“ von Wildenreuth kinderlos gestorben und das Lehengut Wildenreuth fiel an den Lehensherrn Markgraf Christian von Brandenburg-Bayreuth als kurpfälzischen Statthalter heim und mußte neu vergeben werden.
In wohlgelaunter Stunde, die er im Kreise mannhafter Zecher verbrachte, versprach er das Gut demjenigen seiner Zechgenossen, der es fertig brächte,einen mit Wein gefüllten Schwankkübel hinter die Binde zu gießen.
Dem edlen und festen Hans von Pudewels soll der gewaltige Trunk geglückt haben und er damit Herr von Wildenreuth geworden sein. Der Volksmund fügt dieser Sage noch die Worte an:
„Er soff ihn aus und spie sich drauf zum Fenster naus“.
Sei es nun Wahrheit oder Sage – möglich ist es immerhin, da ja dieser Vorgang in der damaligen trinkfreudigen Zeit bei deutschen Gutsverleihungen öfters vorkommt.
So soll zum Beispiel der Ritter Boos von Waldeck das Dorf Hüffelsheim bei Kreuznach dadurch zum Lehen erhalten haben, daß er des Rheingrafen auf dem Stein bei Münster mit altem Rheinwein gefüllten Reiterstiefel leer trank. Er war allerdings nicht so glücklich wie der Pudewels, denn nach dem Trunk schlug er um und war tot. Doch konnte er in dem tröstlichem Bewußtsein sterben, seinen Erben gut bedient zu haben.


Hexen und Geister
Auch von Geistern, Hexen und der Wilden Jagd, die in der Nähe von Wildenreuth ihr Unwesen treiben sollen, erzählt das Volk.
In dem überaus schönen Werk „Land und Leute am Steinwald“ führt Pfarrer J. B. Lehner von Krummennaab neben der vorhergehenden Sage auch die nachfolgenden drei an:
Ein Bauer von Wildenreuth ging in der Walpurgisnacht von der Ziegelhütte heim. Als er sich im Freien auf einer Höhe befand, hörte er über sich ein seltsames Geräusch. Er blickte auf und sah eine Schar Hexen in flatternden Kleidern auf Besenstielen und Ofengabeln daherreiten. Am Kreuzweg, der nicht weit davon war, ließen sie sich nieder, die Besenstiele und Ofengabeln ließen sie neben sich stehen, während sie geheimnisvolle Zeichen machten, behutsam nebeneinander. Dann liefen sie schreiend durcheinander und führten wilde Tänze auf. Von den Tänzerinnen erkannte der Bauer eine – es war seine Nachbarin. „So Mirzl, du bist auch dabei!“ rief er in den Schwarm hinein. Sogleich unterbrachen die Hexen den Tanz. Mit geballten Fäusten stürzen sie sich auf den Mann. Schnell besonnen, flüchtete dieser in die Kapelle, die nebenan sich erhob. Kaum hatte er die Türe hinter sich, prallten die Hexen an. Sie hätten ihn zerrissen, wenn er den geweihten Ort nicht erreicht hätte.


Waschfrauen

Nahe bei Gössenreuth in einem Walde, das „Geiserl“ genannt: (an dem Fußweg von Gössenreuth nach Krummennaab) hausen 3 Waschfrauen, Wenn jemand nachts allein durch diesen Wald geht, hauen sie ihm die heiße Wäsche um den Mund. Ein junger Mensch machte sich darüber lustig und wollte es auf eine Probe ankommen lassen. Er ging allein durch den Wald und als er niemand sah, rief er: „Waschweiber wo seid ihr denn?“ Da kamen sie auch schon gesprungen und schlugen ihm die heiße Wäsche um den Mund, daß er ganz verbrannte.


Wilde Jagd
Im „Schauerestl“ bei Gerbersdorf treibt die wilde Jagd ihr Unwesen. Im ehemaligen Burgstall, im „alten Hof“ liegt ein Schatz vergraben.


Gerichtshalter
J. Georg Martius war 1796 Gerichtshalter beim Patrimonialgericht Wildenreuth. Von ihm wird erzählt, daß er anläßlich eines Gelages den Ausspruch getan hätte:
„Sollt’ ich in die Hölle fahren, so zeig'ich's durch einen Krähenschwarm an.
„Bei seinem Leichenbegräbnis wären wirklich Krähen in großer Zahl und mit viel Geschrei in's Dorf gekommen. Eine andere Erzählung weicht davon ab. Martius hätte als Gerichtshalter öfters die gebühren doppelt erhoben. Wenn die auf diese Weise geprellten einwendeten, daß sie schon bezahlt hätten, rief er: „Soll mich der Kuckuck holen, das ist nicht wahr!“
Bei seinem Begräbnis wären wirklich 2 der oft zitierten Vögel auf die beiden Vogelbeerbäume auf dem Weiherdamm gekommen und hätten während des Begräbnisses laut geschrien.

Friedhof
In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts war in Wildenreuth ein Totengräber namens Rögner. Zu diesem sagte einst der Erbendorfer Kooperator Ascherl:
„Machen Sie doch die Gräber etwas tiefer, da riechen ja die Toten heraus!“
Gelassen erwiderte der Getadelte: „Mir is no koaner rausgebrochen“ – sprachs und ging seiner Wege.

Im Jahre 1851 war Wildenreuth bis auf einige Häuser abgebrannt. Auch das Schloß wurde zum großen Teil ein Raub der Flammen. Als der Schutt weggeräumt wurde, fand man in den Gewölben des Hungerturmes eine Menge von menschlichen Knochen, ja ganze Gerippe wären noch an der Wand gelehnt. Einige Fuhren von Gebeinen wären auf den Friedhof gebracht worden. So geht die Mär im Volksmund. Diese schauerliche Überlieferung ist in dieser Form möglicherweise unrichtig. In früheren Jahrhunderten, wo jeder Gerichtsfall peinlichst genau untersucht und beschrieben wurde (wie ich in Einzelheiten später zeigen werde), wäre es vollständig unmöglich gewesen, daß ein Mensch spurlos hätte verschwinden können, geschweige denn eine solche Menge von Menschen. Außerdem hätten die Untertanen Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt und die Landesregierung gegen diese Ausübung der Gerichtsbarkeit mobil gemacht. Die Erzählung von einigen Ladungen Knochen, die in den Friedhof überführt wurden, mag darin ihre Ursache haben, daß seinerzeit bei Auflösung des Friedhofes um die Kirche die Gebeine in dem neuen Friedhof beigesetzt wurden. Die Erinnerung an die bösen Zeiten der „ungelesenen“ Dienste an die Gutsherrschaft mag die Ursache dieser Schauerer gewesen sein.

Sühnekreuz
Ein schlichtes Granitkreuz, wie man in der Oberpfalz so viele findet, steht am Wei-hrdamm nächst der Herrenmühle. Es stand früher auf der anderen Straßenseite und soll-te dem Volksmund nach ein Grabkreuz für ein Massengrab aus der Schwedenzeit sein. Es dürfte sich hier jedoch um eines der bekannten Sühnekreuze handeln und die Stelle eines Mordes oder eines Totschlages bezeichnen. -

Die Pest
In der Paint des früheren Bürgermeisters Rosenschon an der Straße nach Neuenreuth sollen angeblich während des 30jährigen Krieges (1613 und 1635 -–1637), als auch hier wie an den anderen Orten die Pest hauste, die an dieser Epidemie Verstorbenen begraben worden sein. Lange Jahre sah man noch im Wiesengras die Umrisse der Gräber. Wahrscheinlicher ist aber die andere Deutung, daß an der fraglichen Stelle der frühere katholische Friedhof sich befand. Dafür spricht auch der Umstand, daß diese Stelle vom jetzigen Besitzer erst gegen ein anderes Grundstück von der Katholischen Kirchenstiftung eingetauscht wurde.

 

 

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