Ortschronik Wildenreuth

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Die Bundesstraße 22 („Ostmark­straße“) bei Wildenreuth


 

Die bayerische Ostmarkstraße war die zentrale Verbindung des damaligen Gaues Bayerische Ostmark und diente insbesondere der schnellen Verlegbarkeit von Truppen an der damaligen deutschen Ostgrenze zur Tschechoslowakei. Beim Bau der Straße kamen bis zu 1600 Strafgefangene des Lagers „Bayerische Ostmark“ zum Einsatz. (Quelle: Wikipedia)

 

Ein Trassenstreit in den Jahren 1933 und 1934
Wird heute eine neue Straße geplant, gibt es Gruppen, welche – dem Zeitgeist folgend – eine solche Straße überhaupt nicht wollen. Andere die Notwendigkeit wegen des eigenen (oder mehrerer) Autos billigend, möchten den neuen Straßenzug möglichst weg vom eigenen oder der eigenen Wohnsiedlung gebaut wissen. Verständlich, bringt der heutige Kraftfahrzeug-Massenverkehr doch auch beacht-lichen Verkehrslärm.

Erst einige Jahrzehnte ist es her, da hegte man wegen des kommenden Kraftfahrzeugverkehrs andere Vorstellungen. Ganze Gebiete forderten zeitgemäße Straßen, möglichst nahe am eigenen Ort vorbeiführend. Der nachstehend beschriebene Tras-senstreit beim Bau der Ostmarkstraße zwischen Weiden und Erbendorf zeigt ein solches Beispiel auf.

Geschichte einer Straße
250 Kilometer lang verläuft sie heute, meist frei von Ortsdurchfahrten als Bundesstraße 22 von Bayreuth nach Cham und als Bundesstraße 85 von Cham nach Passau. Anerkannt eingebunden in die Landschaft, erschließt. sie landschaftliche Schönheiten und bietet eine Reihe markanter Aussichtspunkte. Geprägt von langen Steigungs-und Gefllestrecken dient sie vorwiegend dem Erschließungs- und Ausflugsverkehr, wird aber neuerdings vom LKW-Verkehr gemieden.

Zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie mit dem dazugehörigen Böhmen verliefen alle wichtigen Verkehrswege vorwiegend in ost-westlicher Richtung. Mit Gründung der Tschechoslowakei im Jahre 1918 waren die dortigen Absatzmärkte rasch verloren und Ostbayern geriet schon damals in eine prekäre Randlage. Die ungünstige Wirtschaftslage in den zwanziger Jahren und schließlich die 1928 beginnende Weltwirtschaftskrise ließen Ostbayern gar zum Notstandsgebiet werden, wenngleich man hier auch früher nicht vom Wohlstand gesegnet war.

Oberregierungsbaurat Richard Auberlein schrieb im Jahre 1938 in der Fachzeitschrift „Die Straße“:

„Wer früher die Bayerische Ostmark mit dem Kraftwagen bereisen wollte, der, bedurfte der Übung im Geländefahren und brauchte einen Kraftwagen, der ein reichliches Maß an Bodenfreiheit besaß. Nicht ohne Grund werden heute noch die großen deutschen Geländeprüfungsfahrten bevorzugt über die unzulänglichen Wege und Stege der Bayerischen Ostmark geführt.“

Ganz nebenbei sei hier eingefügt, daß solche 3-Tage-Mittelgebirgsfahrten 1934 und 1938 durch Erbendorf führten. Um nach der Machtergreifung 1933 auch Ostbayern zu wirtschaftlichem Aufschwung zu verhelfen, die Arbeitslosigkeit zu mildern und auch der damals herrschenden Abwanderung entgegenzuwirken, entstand der Plan,einen neuen, dem wachsenden Autoverkehr angemessenen Straßenzug von Hof nach Passau zu bauen. Mit dem neuen Straßenzug wollte man nicht nur Ostbayern an die Industriegebiete Sachsen und Thüringen anbinden, sondern den ostbayerischen Raum auch für den Fremdenverkehr erschließen.


Planung und Durchführung
Anders als bei vielen Autobahnen, lagen für diesen Straßenzug keine „Schubladenplanungen“ aus der Weimarer Zeit vor. Die Absicht, besagte Straße in Hof beginnen zu lassen, wurde wegen der im Entstehen begriffenen Autobahn München – Berlin schnell aufgegeben. Auf Vorschlag der bayerischen Straßenbauverwaltung gab der damalige Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen in Berlin seine Zustimmung zu nachstehendem Streckenverlauf: Von der Autobahn bei Bad Berneck zum Luftkurort Bischofsgrün, den Sattel zwischen Ochsenkopf und Schneeberg durchquerend, vorbei an Wunsiedel (Luisenburg) und Bad Alexandersbad über den Südhang des Steinwaldes nach Erbendorf und von dort über Weiden – Rötz – Cham – Regen zur alten Bischofs-stadt Passau.

Die Straßenbauämter Bayreuth, Weiden und Deggendorf wurden mit den Entwurfsarbeiten und der Bauleitung beauftragt. Besondere Bauleitungen für die Ostmarkstraße wurden 1936 in Regen und in Wunsiedel geschaffen. Nur zögernd liefen die Arbeiten 1935 an, kamen 1937 richtig in Schwung und schon 1938 wurden die ersten Teilstrecken im Bereich Erbendorf – Weiden, Weiden – Michldorf, Regen – Rinchnach und Regen – Patersdorf dem Verkehr übergeben. Der Bau erfolgte vorwiegend per Hand, galt es doch, in diesem Gebiet die Arbeitslosigkeit abzubauen. Die Erdmassen wurden von Hand abgetragen. Der Transport von großen Erdmassen erfolgte im Gleisbetrieb auf sogenannten Feldbahnen. Im Jahre 1941 kamen wegen der Kriegsverhältnisse die Bauarbeiten zum Erliegen. Von Weiden bis zum vorläufigen Endpunkt Erbendorf wurde die Straße befahrbar. Lediglich von der Straßenkuppe bei Sassenhof (nordwestlich des Steinbacher Berges) bis zur nunmehrigen B 299 östlich von Erbendorf erhielt die neue Straße nach der Währungsumstellung im Jahre 1948 den noch fehlenden Asphaltbelag. Von Erbendorf bis in die Gemarkung Wetzldorf war die Trasse der Ostmarkstraße bereits angelegt und mit dem Grundbau versehen. In der „kaiserlosen Zelt“ von 1945 bis zur Währungsumstellung hatte man es hingenommen, daß in diesem Bereich die vorhanden gewesene Rollierung wieder ausgebaut und für den Bau der Ortseinfahrt Sassenhof verwendet wurde.

Von den geplanten 250 Kilometer waren 150 Kilometergebaut. Bedauert wird, daß der Abschnitt von Erbendorf über Pfaben und Arnoldsreuth nach Marktredwitz nicht entstanden ist. Von Bad Berneck über Marktredwitz nach Schirnding läuft die grenzüberschreitende Straße als B 303 unter dem Namen „Fichtelgebirgsstraße“, die Ostmarkstraße dagegen – straßenbauamtlich – als B 22 von Erbendorf über Kemnath nach Bayreuth. Der Fremdenverkehrsverband Ostbayern führt in seinem Ostmarkstraßen-Werbeprospekt diesen Straßenzug als „Fremdenverkehrsstraße durch reizvolle Landschaft“ immer noch zur Fichtelgebirgsstraße bei Bad Berneck.

Windischeschenbach war gegen die Trassenführung durch das „Haberland“
Auch im Dritten Reich hatten Amtsträger und Funktionäre der unteren Ebene andere Probleme, als sich um Parteiideologie oder Rassenfragen zu kümmern. Die Weste lag auch zu dieser Zeit näher als der Rock und auch damals wurden – wie auch heute – höherrangige Amtsträger und sogar Abgeordnete bedrängt, sich für das „eine oder andere Vorhaben zu verwenden. Getragen von einem gesunden Lokalpatriotismus stand man man dabei oft auch gegeneiander wie der hier beschriebene Trassenstreit um die „Ostmarkstraße“ beweist.

Natürlich wußten auch in Windischeschenbach die Parteioberen und die kommunalen Mandatsträger von der Planung der Ostmarkstraße, wobei damals auch von einer „Hermann-Esser-Fremdenverkehrsstraße“ die Rede war. Es ist nicht mehr zu ermitteln, weshalb man in Windischeschenbach von einer Trasse westlich der Hauptbahnlinie München-Hof-Berlin, nämlich von Altenstadt über Windischeschenbach-Krummennaab-Friedenfels-Marktredwitz ausging. Bestärkt wurde diese Annahme dadurch, daß im Gebiet der Marktgemeinde Ende Dezember 1933 und im Januar 1934 durch das Straßen-und Flußbauamt schon Projektierungsmessungen durchgeführt wurden, welche beim sogenannten „Hirschmannhölzl“ in der Nähe des heutigen Freibades kurzfristig gestoppt worden sind. In der Bevölkerung wurde davon gesprochen, daß die endgültige Trassenplanung von Altenstadt über das Haberland (Wendersreuth-Döltsch-Kirchendemenreuth-Wildenreuth) nach Erbendorf zum Steinwald erfolgen soll. Mit Akribie sammelte Gemeindeinspektor Anton Weber jede Zeitungsnotiz – besonders aus dem Erbendorfer Raum – welche sich mit der Frage um die geplante Ostmarkstraße befaßte. Es berichteten die „Bayerische Ostwacht“ , der „Oberpfälzer Kurier, ja sogar die damals noch erschienene „Volkswacht“ über die Ostmarkstraße und über einen Besuch des Staatsministers Adolf Wagner am 22. April 1934 in Erbendorf.

Vom 23.Januar 1934 bis zum 23. Mai 1934 bombardierte die Marktgemeinde Windischeschenbach mit Eingaben alle maßgebenden Instanzen, um die Straßenplanung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die Eingaben, teils mit dem Charakter von Protestschreiben, gingen über das Bezirksamt Neustadt an der Waldnaab an die Oberste Baubehörde im Bayerischen Innenministerium, an dessen Spitze bekanntlich der damalige Gauleiter Adolf Wagner stand, der immerhin schon im Jahre der Machtübernahme (1933) zum Ehrenbürger der Marktgemeinde ernannt wurde. Weitere Eingaben gingen an die Gauleitung nach Bayreuth und auch an Staatsminister Esser, der als Wirtschaftsminister auch für Fragen des Fremden-verkehrs zuständig war. Eingeschaltet und um Unterstützung gebeten wurden auch die Stadt feeektedwitz und die Gemeinde Friedenfels welche mit Windischeschenbach an einem Strang ziehen sollte. Bürgermeister Hans Rupprecht nahm auch die Unterstützung seiner heimischen Betriebe in Anspruch. Man verfaßte mit den Betrieben Resolutionen, und die Oberpfälzische Holzstoff- und Pappenfabrik sowie die Firma Schaller & Co. machten eigene Eingaben an Innenminister Wagner.

Auch der Reichtagsabgeordnete Hans Schiffmann, Kreisleiter und Stadtratsmitglied in Erbendorf wurde angeschrieben. Er scheint besonders verdächtigt worden zu sein, den Straßenbau über das Haberland nach Erbendorf zu favorisieren. Schiffmann antwortete, daß er Verständnis für das Begehren der Windischeschenbacher Amtsträger habe und stimmte einem Ortstermin mit der Marktgemeinde, dem Straßenbauamt und dem Bezirksbaumeister zu.

Bezirksamtmann (Landrat) Fürnrohr teilte schon am 1. Februar 1934 dem Bürgermeister von Windischeschenbach mit, daß die „Linienführung der Ostmarkstraße über Wendersreuth, Döltsch, Kirchendemenreuth, Wildenreuth und Erbendorf nach Pfaben geführt werden soll“. Diese Trassenführung muß also schon vorher festgestanden haben und den einschlägigen Instanzen bekannt gewesen sein.

Nach den Entscheidungen Wagner's verstieg man sich in einer nochmaligen Eingabe an den Wirtschaftsminister Esser sogar zu der Feststellung, daß die Haberlandgemeinden als Hochburgen der bayerischen Volkspartei mit der Zuerkennung der Ostmarkstraße nun ausgezeichnet und nun jenen Gemeinden vorgezogen werden, welche seit Jahren für den Nationalsozialismus kämpften.

Fürnrohr schloß sein Schreiben mit folgender Empfehlung: „Sie können sich selbstverständlich nochmals an Herrn Staatsminister Wagner wenden; ich möchte aber hiervon entschieden abraten, weil gerade die Erschließung der oben bezeichneten Gegend dem Herrn Minister besonders am Herzen liegt.“
Sicher hatte Erbendorf beste Beziehungen zu Adolf Wagner, dem Innenminister und Gauleiter in München. Dieser schwerkriegsbeschädigte Offizier und Bergingenieur aus Lothringen kam nach dem Weltkrieg nach Erbendorf und brachte hier als Bergwerksdirektor den örtlichen Bergbau nochmals in Schwung. Die Belegschaft erreichte ihren Höchststand, ein Bergknappenverein wurde gebildet und unter seiner Mitwirkung der genossenschaftliche Wohnungsbau in Gang gebracht. Als Lothringer von den Franzosen aus seiner Heimat vertrieben, war es begreiflich, daß er völkischem Gedankengut zugetan war. Er fand in Erbendorf Anhang (weitere Lothringer-Familien kamen mit ihm nach Erbendorf) auch unter der Arbeiterschaft. Wagner war Stadtratsmitglied und wurde schon in den zwanziger Jahren in den bayerischen Landtag gewählt. 1933 erfolgte seine Berufung zum Minister und Gauleiter. Bei ihm standen seinen Erbendorfer „Getreuen“ nach 1933 natürlich die Türen offen, hatte er doch schon am 20. Juli 1925 in Erbendorf eine Ortsgruppe der NSDAP gegründet.

Es gibt keinen Schriftwechsel aus Erbendorf um die Trassenführung der Ostmarkstraße. Glaubhaft darf jedoch angenommen werden, daß bei den Besuchen Wagner's in Erbendorf und bei Vorsprachen der Erbendorfer in München die Straßenführung über Erbendorf in den Steinwald abgesprochen wurde.
Bürgermeister Rupprecht in Windischeschenbach argumentierte vorwiegend mit der wirt-schaftlichen Notwendigkeit einer Straßenführung über Windischeschenbach, zweifellos schon damals ein Industrieort mit unzureichender Straßenverbindung sowohl nach Weiden als auch nach Norden. Für München zählte allerdings die vorhanden gewesene B 22 (Bayreuth – Erbendorf – Windischeschenbach – Altenstadt) doch und darüber hinaus der damals wichtige Bahnanschluß im Zuge der Hauptstrecke München – Berlin. Die Windischeschenbacher machten auch geltend, daß besagtes Haberland eine größere Strecke weder brauche noch haben wolle; für die dortigen bäuerlichen Orte sei lediglich eine Bezirksstraße (heutige Kreisstraßen) notwendig. Mit Erbendorf wolle man keinen Konkurenzkampf, so die Windischeschenbacher, denn der Erbendorfer Raum gewinne auch bei einer Straßenführung über Windischeschenbach und Krummennaab, wohin man ja nur 3 Kilometer habe. Man wagte sogar die Feststellung, daß auch in einem Staatswesen mit Führerprinzip vor schwerwiegenden Entscheidungen die Betroffenen gehört werden sollten. Schon in einer Entschließung vom 22. Januar 1934 hatte sich das Innenministerium für eine Straßenführung über das Haberland nach Erbendorf entschieden. Diese Entscheidung bekräftigte Staatsminister Wagner nochmals mit nachstehender Entscheidung vom 12. Februar 1934.

Schriftwechsel von 1934

München, 12. Februar 1934
Staatsministerium des Innern.
An die Regierung von Niederbayern und der Oberpfalz, Kammer des Innern. Betreff: Ostmarkstraße

„Der Marktgemeinderat Windischeschenbach hat durch das Bezirksamt Neustadt a. d. W.N. ein Gesuch eingereicht und anscheinend auch die Oberpfälzische Holzstoff- und Pappenfabrik, sowie die Firma Oskar Schaller u. Co. in Windischeschenbach zum gleichen Antrage veranlaßt, die Ostmarkstraße, wie ursprünglich beabsichtigt, über Neustadt a. d. W.N.–Windischeschenbach – Krummennaab –Thumsenreuth – Marktredwitz zu füh-ren, statt den Linienzug Altenstadt – Erbendorf – Arnoldsreuth mit .Durchgang des Steinwaldes – Alexandersbad – Wunsiedel zu wählen.

Die Gründe, die mich bewogen haben, die Linie über Erbendorf statt über Windischeschenbach zu führen, habe ich in der Entschließung v. 22. I. 1934 Nr. 9115 k 2/34 eingangs mit den Worten angegeben: „Der Hauptzweck der Ostmarkstraße ist die wirtschaftliche Erschließung der Ostmark, die trotz ihres Reichtums an Bodenschätzen heute noch vielfach wichtiger Verkehrsverbindungen entbehrt, die Erschließung ihrer landschaftlichen Schönheiten und die Schaffung von Arbeitsgelegenheit für die notleidende Bevölkerung.“

Windischeschenbach liegt bereits an einer verhältnismäßig gut geführten Bezirksstraße, die im Laufe der nächsten Jahre sicherlich noch weitgehend ausgebaut und verbessert werden wird, während das von der neuen Linie durchzogene Gebiet fast durchgehends noch völlig unerschlosen ist. Vor allem gilt das für das landschaftlich so prächtige Gebiet des Steinwaldes, der Kösseine und der Luisenburg. Eine Schädigung von Windischeschenbach kann ich in der Ausführung der neuen Linie nicht erblicken, zumal zwischen der nunmehr ins Auge gefaßten Linie und der Bezirksstraße Windischeschenbach – Friedenfels – Marktredwitz eine Reihe von Querstraßen bestehen, die gute Verkehrsverbindung ermöglichen.

Ich bin daher nicht in der Lage, von meinem Entschluß abzugehen. Die in den Gesuchen gewählte Bezeichnung „Hermann Esser-Ostmarkstraße“ ist mir unbekannt. Die neue Straße führt den Namen „Ostmarkstraße“.
Für die eingangs genannten Gesuchsteller und für das Bezirksamt Neustadt a. d. W.N. liegen Abdrucke der Entschließung bei.“
gez. Adolf Wagner.

 

Auch der Stadt Marktredwitz gegenüber, welche von Windischeschenbach eingeschaltet wurde, beschied man unterm 27. März 1934 mit nachstehendem Schreiben gleiches:

Der Hauptzweck der Ostmarkstraße ist die wirtschaftliche Erschließung der Ostmark, die noch vielfach wichtiger Verkehrsverbindungen entbehrt, die Erschließung ihrer landschaftlichen Schönheiten und die Schaffung von Arbeitsgelegenheit für die notleidende Bevölkerung.
Von diesen Gesichtspunkten ausgehend habe ich mich entschlossen, die Straße über die Orte Erbendorf – Arnoldsreuth – Alexandersbad – Wunsiedel zu führen, da diese Linienführung der vorstehend genannten Zweck-bestimmung der Ostmarkstraße besser entspricht als die ursprünglich vorgesehene Linie.
Die Stadt Marktredwitz liegt bereits an der Fernverkehrsstraße Leipzig – Hof – Regensburg, so daß ein vordringliches Bedürfnis für eine weitere Nord-Süd-Verbindung für Marktredwitz nicht vorliegt. Dazu kommt, daß die Ostmarkstraße nur etwa 4 km westlich von Marktredwitz vorbeiführt und die Bedürfnisse des Handels und Verkehrs der Stadt durchaus befriedigen kann. Die Verlegung der Staatsstraße von Marktredwitz nach Wunsiedel in das Röslautal wird unabhängig von der Ostmarkstraße bevorzugt zur Durchführung gelangen, so daß zu Befürchtungen kein Anlaß besteht. Es ist u. U. damit zu rechnen, daß diese Verlegung früher fertiggestellt sein wird, als wenn sie als Teilstrecke der Ostmarkstraße ausgebaut wird. Eine Benachteiligung der Stadt Marktredwitz durch die vorgesehene Linienführung der Ostmarkstraße ist demnach in keiner Weise gegeben. Es liegt daher kein Anlaß vor, von meinem Entschluß abzugehen.
gez. Adolf Wagner

Sachlicher Rückblick
Zweifellos war das Haberland vor dem Bau der Ostmarkstraße straßenmäßig unerschlossen. Für den Erbendorfer Raum (Kemnath-Erbendorf-Krummennaab-Reuth) wurde mit der Ostmark-straße die kürzeste Straßenverbindung nach Weiden geschaffen.

Heute liegt Windischeschenbach an der noch günstigeren Autobahn A. 93 (Weiden - Mitterteich) Dorthin führt auch die ehemalige B 22 (Erbendorf - Windischeschenbach), die heutige Staatsstraße 2181, welche von Windischeschenbach bis Gerbersdorf bereits ausgebaut ist und deren Ausbau auf der Reststrecke nach Erbendorf, mit einer großen, 194 Meter langen talüberspannenden Brücke bei Burggrub unmittelbar bevorsteht. Dieser Straßenzug stellt einen zusätzlichen Anschluß des Erbendorfer Raumes an die Autobahn her. Er ist auch Zufahrt zur,weltweit bekannt gewordenen kontinentalen Tiefbohrstelle (KTB), unmittelbar bei Naabdemenreuth an dieser Straße liegend.Man kann 'es also ge-lassen hinnehmen, daß man vor nahezu 60 Jahren über die Planung der Ostmarkstraße so entschied, wie sie in der Folgezeit auch gebaut wurde.

Landschaftsbezogene Bauweise
Wie einleitend schon angedeutet, gilt die Ostmarkstraße unter Fachleuten als Muster-beispiel für eine mögliche landschaftsbezogene Straßenbauweise. Bezeichnend, daß bei den Autobahn- und Reichsstraßenbauämtern schon zur damaligen 'Zeit Landschaftsberater beschäftigt waren. In München war dies Archidekt und Landschaftsberater Alwin Seifert, an den sich – in einem letzten Versuch – unterm 23. Mai 1934 nochmals die Marktge-meinde Windischeschenbach wandte und dabei landschaftsbezogene Gesichtspunkte ins Feld führte, wobei, was sicher nicht stimmte, die Gegend von Wendersreuth bis Wildenreuth als „öde, landschaftlich bestimmt nicht schöne Gegend“, bezeichnet wurde. Architekt Seifert hat besagte Eingabe an den Generalinspektor für das deutsche Stras-senwesen (Dr. Todt) weitergegeben. Auf diesen Gesichtspunkt und den Landschaftsberater Seifert wurde man über einen Pressebericht aufmerksam, in dem über einen Zeppelin-Deutschlandflug des Dr. Todt berichtet wurde und bei welchem dieser durch einen Hauptschriftleiter des Deutschen Naturschutzbundes befragt worden ist. Aus diesem Interview einige Leitsätze des Dr. Todt, welche heute mehr denn je Bedeutung hätten:

• Ein Wechsel des Landschaftsbildes macht auch den Wechsel in der Trassierung der Straße notwendig...

• Die Technik hat es in den letzten Jahren nicht verstanden, sich in der Natur einzuordnen, sondern sie hat versucht, sich die Natur zu unterwerfen...

• Die Reichsautobahnen sollen sich harmonisch in das Landschaftsbild einfügen und ein Bestandteil der Landschaft werden...

• Wir gehen auch dazu über, in schönen Tälern die Fahrbahnen zu teilen und auf je eine Seite eine Fahrbahn zu legen, ebenso wie wir an Berghängen die Straßen nicht in der ganzen Breite in den Berg schneiden, sondern die Fahrbahnen gestaffelt übereinander anlegen (s.Hienberg; Anm.d.Verf)...

• Architekt Alwin Seifert in München ist mein Landschaftsberater, der sich ganz dieser schönen Sache widmet und jede Strecke prüft, ehe die Linienführung endgültig freigegeben wird...

Bei unserer Ostmarkstraße kann diese Iandschäftabezogene Linienführung sicher als gelungen bestätigt werden.

Wildenreuth: Auf der Trod

Auf der Trod

 

Wildenreuth: Blick, Richtung Trod

Blick, Richtung Trod

 

Wildenreuth: Auf der Spitz

Auf der Spitz

 

Wildenreuth: Auf der Spitz

Beim Geiselhof

 

Wildenreuth: Lorenbahn beim Straßenbau

Lorenbahn beim Straßenbau

 

Wildenreuth, Lorenbahn beim Straßenbau

Lorenbahn beim Straßenbau

 

Wildenreuth: Bohrarbeiten beim Steinbruch

Bohrarbeiten beim Steinbruch

 

Wildenreuth: Beladen beim Steinbruch

Beladen beim Steinbruch

 

Wildenreuth: Straßenbau 1937

Straßenbau 1937

 

Wildenreuth: Beim Schafhof

Beim Schafhof

 

Wildenreuth: Beim Schafhof

Beim Schafhof

 

Wildenreuth: Bei Frodersreuth

Bei Frodersreuth

 

Straßenbau Ostmarkstraße bei Wildenreuth

Straßenbau 1937

 

Straßenbau Ostmarkstraße bei Wildenreuth

Straßenbau 1937

 

Straßenbau Ostmarkstraße bei Wildenreuth

Straßenbau 1937

 

Straßenbau Ostmarkstraße bei Wildenreuth

Straßenbau 1937

 

Straßenbau Ostmarkstraße bei Wildenreuth

Straßenbau 1937

 

Straßenbau Ostmarkstraße bei Wildenreuth

Straßenbau 1937

Die wichtigste Verbindung von Wildenreuth ist die B 22, die das Gebiet von Nord nach Süd durchschneidet. Die Trasse gilt als Paradebeispiel für landschaftsbezogene Bauweise und spielte in den taktischen Kriegsüberlegungen der Nazis eine große Rolle. Sie war wegen des nahen Truppenübungsplatzes Grafenwöhr als Aufmarschstraße nach Tschechien konzipiert worden. Die Ostmarkstraße ist aber auch eine Traumstraße, die Erholungssuchenden immer wieder wunder-schöne Blicke über das sanfte Relief des Nördlichen Oberpfälzer Waldes ermöglicht.

Ironie des Schicksals war es, daß ausgerechnet die Ostmarkstraße später den Amerikanern im Jahr 1945 eine schnelle Einnahme der Städte und Gemeinden der Region ermöglichte. Aus Richtung Erbendorf rückten die Aliierten auf dieser Route nach Weiden vor.
Gauleiter Adolf Wagner, ein gebürtiger Erbendorfer, hat darauf gedrängt, daß diese Straße Weiden und Erbendorf erschließt. Sie sollte über den Steinwald bis nach Marktredwitz weitergeführt werden. Durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kam dies nicht mehr zum Tragen. Für den Einmarsch der deutschen Truppen in Tschechien, am 1.September 1938 wurde die Ostmarkstraße kurz nach ihrer Fertigstellung auch als Aufmarschstraße benutzt. Während der ganzen Nacht hat es große Truppenbewegungen vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr gegeben.

Der Verlauf der Strecke war nicht unumstritten und wurde zum Politikum. Bei der Planung der Trassenführung setzten die Windischeschenbacher alles daran, daß die neue Straße an ihrem Stadtgebiet vorbeiführt. Dies wurde aber aus technischen und finanziellen Gründen abgelehnt. Die Umsetzung der Forderung scheiterte aber auch an der enormen Steigung bei der Hohen Linde nördlich von Altenstadt. Deshalb erfolgte der Bau über das Haberland und Wildenreuth nach Erbendorf.
Die Firma Sager & Wörner aus München erhielt den Generalauftrag für den Bauabschnitt Altenstadt – Erbendorf. Das Gemeindegebiet von Kirchendemenreuth wurde im Jahre 1936 bei Wendersreuth erreicht. Wildenreuth im Jahre 1937. Zirka 300 Bauarbeiter waren auf der Großbaustelle beschäftigt. Der größte Teil der Arbeiten mußte mit der Hand erledigt werden. Es standen lediglich nur ein Bagger, eine Raupe und zwei Walzen zur Verfügung. Für die 25 Zentimeter starke Rollierung mit Flossenbürger Granit und das Aufbringen von großen Mengen Sand wurden auf der Trasse zwei Gleise aufgebaut (Siehe beigeheftete Bildseiten). Bis zu 250 Rollwägen kamen zum Einsatz, die von Diesel und Dampfloks hin- und her gezogen wurden.

In Wendersreuth befand sich die Hauptwerkstatt. Die Leitung wurde dem Maschinisten Karl König, einem Münchner, übertragen. Karl König war, wie viele andere, im Döltscher Dorfwirtshaus untergebracht. Er heiratete im Jahr 1940 die Wirtstochter Ida Wieder. Nach dem Krieg hat sich Karl König in Döltsch seßhaft gemacht und grundete ein Fuhr- und Tiefbauunternehmen. Obwohl Großstädter, hat er sich auf dem Land wohlgefuhlt, wurde ein eifriger Waidmann und war über 50 Jahre Pächter der Wendersreuther Genossenschaftsjagd. Die Ostmarkstraße als Hauptverkehrsader brachte für die meisten Ortscharten an der Trasse eine Umorientierung. Während jahrhundertelang Windischeschenbach der geschaftliche Mittelpunkt war, hat sich dies mit der Ostmarkstraße nach Neustadt, Weiden und Erbendorf verlagert. Vor allem in der Nachkriegszeit war die Orientierung vor allem nach Neustadt und Weiden durch den Betrieb von Omnibuslinien noch größer. Viele Kinder benutzen die Strecke zum Schulbesuch in Neustadt und Weiden. Mancher Erwachsene hat sich in dieser Region einen Arbeitsplatz gesucht. Andere wiederum fahren mit dem Linienbus zum Einkaufen oder zu einem Arztbesuch nach Weiden. Die Ostmarkstraße wurde damit zu einem Glücksfall für die Entwicklung und Erschließung von Wildenreuth und den benachbarten Ortschaften. Sie gilt als ein Paradebeispiel für landschaftsbezogene Bauweise.

 

Wildenreuth: Die B22 im Jahr 1978

Die B22 im Jahr 1978


(Von Amtsrat Josef Rittinger, Erbendorf)


Links:
Historisches Lexikon Bayerns:
• Bayerische Ostmark 1933 – 1945
• Grenzlandproblematik (nach 1918)

Quellenangaben:
1.) Stadtarchive von Erbendorf und Windischeschenbach
2.) ORBR Richard Auberlein „Der Bau der Ostmarkstraße“ in der Fachzeitschrift „Die Straße“ 1938
3.) Gebietsfahrten für Kraftfahrer: „Ostmarkstraße“ Deutscher Heimatführer, Band 7 a „Bayer. Ostmark“ (Verlag Erwin Müller) Berlin, April 1939
4.) Dipl.Ing. Reinhard Entorf „Der Bau der Ostmarkstraße – Die Geschichte einer Straße“ in der Zeitschrift „bau intern“ Nummer 3 / 1981
5.) Der Beitrag von Amtsrat a.D. Josef Rittinger erschien am Freitag, den 30. November 1990 unter der Überschrift „Die Ostmarkstraße – Ein Trassenstreit in den Jahren 1933/34“ als Vorabdruck in der Erbendorfer Wochenzeitung „Steinwald-Kurier“


 

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