Das jetzige Aussehen des Schlosses von Wildenreuth beruht auf einen Umbau im Jahr 1911. Damals wurden auf allen vier Seiten größere oder kleinere Veränderungen vorgenommen. Die Eingangsseite – sie wird im weiteren manchmal Westseite genannt – wurde nach links um zwei Fenster verlängert und durch ein Portal, einah Erker und zwei Balkone verziert.
Die Nordseite, welche an die verlängerte Westseite anschließt, erhielt zwei runde Ecktürme. Der Südseite wurde in ihrer Mitte ein halbrunder Vorbau vorgelegt. Die Ostseite, die ins Tal hinabschaut, bekam gleichfalls einen Erker. Vor allem wurde der quadratische Turm, der vom Tal her gesehen den linken Teil der Ostseite bildet, um einen Halbstock und ein gestelztes Dach erhöht, so das er jetzt das Ganze überragt.
Der viereckige Turm, vom Schloßpark aus gesehen, ist der älteste Teil des Schlosses von Wildenreuth. Seine Form und sein Aussehen, wie man ihn heute kennt, erhielt er bei bei seinem letzten Umbau im Jahr 1911.
Der Zustand des Schlosses vor 1911 zeigt eine Bleisitftzeichnung, die dem Jahr 1873 zugeschrieben wird und von der Schloßpeunt her erstellt worden ist.
Hier hat der rechteckige Wohnbau drei Geschosse und ein nach allen vier Seiten geneigtes Walmdach. Ein Dach gleicher Art trägt der quadratische Turm. Sein First ist niedriger als der des Hauptbaues. Bemerkenswert ist, daß das Erdgeschoß nach Norden verlängert ist, etwa so weit, wie es 1911 mit den beiden oberen Geschossen geschah, und an den Ecken schlanke sechseckige Türmchen trägt. Seine Oberfläche bildete eine Terasse, die vom 1. Stock aus zugänglich war. Nimmt man in Gedanken diese Terasse weg, so bleibt das Schloß, welches nach dem vernichtenden Ortsbrande vom 1./2. Juli 1851 errichtet wurde. Seine Geschosse, Dächer und Turm wurden soeben genannt.
Eine Ansicht dieses Zustandes fehlt leider, aber ein Plan, der zum Wiederaufbau des im Jahr 1951 abgebrannten Schlosses gefertigt wurde, gibt einen belehrenden Einblick in die Raumeinteilung. Grundlegend ist im Erdgeschoß ein breiter Eingang (Durchgang) vom Portal der Westseite bis zu der großen Gartenpforte. An ihn schließen sich beiderseits die anderen Räume an. Die neuen Mauern sind im Erdgeschoß 0,5 m, in den oberen Geschossen 0,35 m stark.
Diese Einzelheit verdient deswegen Erwähnung, weil der quadratische Turm auf der Ostseite viel stärkere Mauern hat. Sie waren vor dem Brande über zwei Meter dick gewesen und wurden im Zusammenhang mit dem Neubau auf weniger als die Hälfte vermindert.
Dieser gewaltige Turm hebt sich ganz deutlich als ein besonderer Baukörper von dem Neubau ab, aber das Neue nimmt im Maß und Richtung auf ihn Rücksicht.
Man darf ihn gewiß als den ältesten Teil des Schlosses ansehen, als den Bergfried, welchen die Wilden von Wildenreuth für ihre Burg errichteten. Betrachtet man die Lage dieses Festungsturmes im Gelände, so findet man, daß er auf einer Spitze zwischen zwei Bachtälchen steht.
Das eine Bächlein kommt von den Rohrwiesen und dem Schimmelweiher herab, das andere von der Kühhut, der Trod und dem Herrenmühlweiher – unterhalb des Schloßgartens vereinigen sie sich. Eine solche Lage konnte durchaus als eine Schutzlage für eine Burg betrachtet werden, wenn keine bessere da war.
Zur Ergänzung der Burg muß man sich gewiß in den Zwischenraum zwischen dem Turm und die Kirche, näher am Turm, einen Quergraben denken, der beim Bau des Wohnschlosses zugeschüttet wurde (Halsgraben). Ein solcher Turm erscheint uns als ritterliche Wohnung sehr unbequem, es gibt aber so viele gleichartige, daß wir nicht zweifeln dürfen. Man denke auch noch an die bekannten Geschlechtertürme in Regensburg die im Mittelalter den reichsten Familien der Stadt als Wohnung dienten!
Die notwendigen Wirtschaftsgebäude sind nahebei, aber außerhalb der eigentlichen Burg zu denken. Doch mußte man später eine Brücke überschreiten, um zu ihnen zu gelangen. Man erfährt zum Beispiel, daß Hans Lehner (Ellenbauer) Haus-Nummer 55 im Jahr 1678 einen Sägbaum und Materalien zum Schloßbau „über die Brücke“ zu fahren hatte und daß der Gastwirt Hans Bayer im Jahr 1768 verschiedenen Lohn bekam, wenn er über der Brücke zum Schloßbau arbeitete oder außerhalb der Brücke. Der Wirtschaftshof muß also durch einen Graben gesichert gewesen sein.
Zwischen den Grundmauern des Schlosses findet sich nächst dem Turm ein sehr merkwürdiger Keller mit mächtig dicken Mauern und gewölbten Decken, in seiner Baurichtung nicht ganz mit dem Turm und dem jetzigen Bau übereinstimmend. Über ihm muß ein besonderes Gebäude gestanden sein, eine Verbesserung der Wohngelegenheit für die Frauen und die Kinder, wie in vielen ähnlichen Fällen. Man nannte sie oft „Kemenate“, weil sie mit wärmenden Kaminen ausgestattet waren.
Das Schloß wuchs weiter. Wann und in welchen Abschnitten, kann nicht gesagt werden.
Erst im Jahre 1839 findet sich wieder eine Nachricht und zwar auf dem Katasterblatt, welches damals aufgenommen wurde. Die Geometer zeichneten einen stattlichen vierseitigen Block, länger und breiter als die Kirche, mit einem schmalen Hof, welcher von der ungefähr südlichen Seite bis in die Mitte eindringt.
Eine zweite Nachricht liefert eine Bleistiftzeichnung mit der Ansicht ungefähr von Norden her, von dem Weg nach Gössenreuth.
Der Zeichner hatte hier einen nördlichen Flügel vor sich, zwei Geschosse hoch, über welchen der quadratische Turm, mit einem einfachen Satteldach bedeckt, um ein Geschoß herausragte, auch der Westflügel, der sie verband, hatte zwei Geschosse.
Die Gebäude auf der Südseite, zu denen der Turm gehörte, und auf der Talseite sind nicht erkennbar. Hier hilft ein im Schloß aufbewahrter Plan. Danach führte eine Durchfahrt durch den Westbau gerade an der Stelle, wo jetzt der breite Durchgang hindurchgeführt ist – das im Kataster gezeichnete Höfchen ging an der jetzt freien Seite des Turmes vorbei in den äußeren Raum. Innen war genug Platz, um mit einem kleinen Wagen zu wenden und die Pferde in einem Stall des Nordflügels zu versorgen.
Bei dem Neubau, an den noch vorhandenen Plänen schon mehrmals gedacht war, wurde der Westflügel verlängert, der Nord- und Südflügel aufgegeben. Deren Raum wurde zum Garten geschlagen und so eingeebnet, daß er jetzt eine rechteckige Terasse bildet.
Überblickt über die Bauperioden des Schloß Wildenreuth
1. eine Burg mit Bergfried
2. eine Burg mit Kemenate und Bergfried
3. ein Schloß mit vier Flügeln
4. der Neubau von 1852 bis 1854
5. dessen erste Erweiterung
6. dessen Erweiterung im Jahr 1911