Das Sauerbachtal
Der Sauerbach hat seinen Ursprung oberhalb Wildenreuth, in dessen Nähe er schon zwei ziemlich große Teiche speist. Einer davon dient als Schutzteich für die Herrenmühle.
Wildenreuth liegt 556 Meter über dem Meere in einem geschlossenen Talkessel, welcher nur nordöstlich offen ist und den Anfang des Sauerbachtales bildet.
Wildenreuth ist Herrschaftssitz derer von Podewils. Es besitzt ein prächtiges Schloß und einen Park, der sich großartig in die Landschaft eingliedert. Geologisch ist gneisformation vorherrschend, jedoch kommt auch Feldspat und Schmirgel vor, welcher hier früher abgebaut wurde, jetzt aber infolge des Eingehens der Polierwerke nicht mehr begehrt wird. In südlicher Richtung erhebt sich der Glasberg (Kühberg), 600 Meter über dem Meer. Gegen Norden liegt das Steinpölsterl, 606 Meter,welches wohl die herrlichste Aussicht in der ganzen nördlichen Oberpfalz hat. Nördlich sehen wir das gewal-tige Steinwaldmassiv mit seinen in Wald eingebetteten Dörfern und Einöden,im Vordergrund liegt Krummennaab mit seinen zwei Kirchen und einer Porzellanfabrik. Im Hintergrund lugt der Herrschaftssitz derer von Lindenfels auf Thumsenreuth und von Reitzenstein auf Reuth heraus. Gegen Nordosten blickt der langgetreckte Ort Fuchsmühl mit der Wallfahrtskirche herunter, während Mitterteich,Waldsassen, Tirschenreuth und Wiesau durch ihre Fabriken als Industrieorte gekennzeichnet werden Östlich beherrscht der hohe Tillen die Waldberge Ahornberg und Silberhütte, der 890 Meter hoch liegt mit einem schönen Schutzhaus, der höchst bewohnter Punkt der Oberpfalz ist. Nun reihen sich die alten Burgruinen Flossenbürg und Leuchtenberg an. Bei klarer Sicht bieten sich auch die Berge des Bayerischen Waldes, der Hohe Bogen, Osser und Tännesberg dem Gesichtskreis. Südlich haben wir die Fischerberge und die Ebene von Weiden vor uns mit ihren Auen. Westlich versperrt der Glasberg die Sicht. Keiner der in diese Gegend kommt, versäume es, diesen herrlichen Aussichtspunkt zu besuchen.
Nun zurück zum Sauerbach! Wegen seines starken Gefälles ist der Bach schon in frühester Zeit als Kraftquelle ausgenützt worden. Es liegen an ihm die bereits oben erwähnte Herrenmühle, die Knierermühle, die Neumühle, die Kesselmühle, die Hahnenmühle und die Holzmühle. Unterhalb der Hahnenmühle ist eine nette Siedlung entstanden, genannt Wildental, früher wahrscheinlich auch eine Mühle. Während ab Neumühle das Tal ziemlich weit ist und der Bach erlenbekränzt seinen Lauf durch schöne Wiesen nimmt, zwängt er sich jetzt durch ziemlich steile Hänge, welche am engsten bei vorgenannter Siedlung aneinander drängen.
Auch ein moderner Einsiedler lebt hier, der selbst sein Häuschen gebaut hat. Er ist Maschinen-Diplom-Ingenieur und war lange Zeit in Amerika. Nun lebt er hier abgeschlossen für sich allein. Eine Ziege und drei Melkschafe sind seine Mitbewohner, die ihren Herren, welcher sie gut betreut, Nahrung und Kleidung liefern. Er ist Vegetarianer, lebt nur von Pflanzenkost und Milch und hat ein sehr gesun-des Aussehen. Wie er mir erzählte, will er heuer ein kleines Elektrizitätswerk in den Bach einbauen, um Kraft und Licht zu bekommen.
Das Tal ist hier sehr eng und tosend wälzt sich das Wasser über das Granitgestein. Noch einmal muß es den Mühlstein drehen; dann gewinnt es oberhalb der Straße Neustadt/Wendersreuth wieder die freie Landschaft. Ein Teil des Baches speist den 100 Tagwerk großen Süßenloher Weiher, in dem sich der Basaltkegel Parkstein mit seinem Kirchlein spiegelt, und mündet unterhalb des Hofgutes Süßenlohe in die Schweinenaab. Naturfreunde, welche dem Lärm der Städte ausweichen wollen, können in dem bewaldeten Tal Ruhe und Erholung finden. Für Angler liefert der Bach schöne, schmackhafte Forellen und was heute eine Seltenheit ist – auch Krebse. Nach dreistündiger Wanderung von Neustadt aus findet man in Wildenreuth und in Gössenreuth gute Unterkunft und Verpflegung und man kann noch den Eingangs geschilderten Ausflug auf das Steinpölsterl machen. In gut einer Stunde ist man wieder auf der Bahnstation Windischeschenbach. Das Sauerbachtal ist nach dem Tal der Waldnaab das zweitgrößte tiefst eingeschnittene Tal der nördlichen Oberpfalz. Mögen es recht viele besuchen und sich an seiner Schönheit erfreuen.
Zeitungsausschnitt aus „Bayerische Ostmark“ vom 6. April 1935