Ortschronik Wildenreuth

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Die Königssäule von Wildenreuth


Im Jahre 1806 wurde Bayern von Napoleon zum Königreich erhoben. Und dieses Ereignis war für die damaligen Bewohner von Wildenreuth ein so bedeutender Anlaß, daß sie diese Königssäule errichteten. Wer aus dieser Geschichte über die damaligen Verhältnisse in unserer, wahrhaftig nicht von Reichtum verwöhnten Gegend ein wenig Bescheid weiß, wird den sicher nicht unerheblichen Aufwand, den die damaligen Bürger von Wildenreuth geleistet haben, zu würdigen wissen.

Die Königssäule von Wildenreuth

Sie haben damit ein heute noch sichtbares Stück Zeit- und Dorfgeschichte geschrieben.
Ein weiterer erstaunlicher Aspekt sei noch hervorgehoben: Dieses Denkmal besteht nicht aus, in dieser Landschaft allgemein gebräuchlichem Granitgestein, sondern aus einer hier sehr selten anzutreffenden Sandsteinart, wie der Steinmetz-Fachmann auf diesem Gebiet, Herr Doreth aus Neustadt am Kulm, erzählt hat.

Der ursprüngliche Standort des Denkmals lag am Rande des damaligen Schulsportplatzes und dem späteren Holzlagerplatz des Sägewerks Bode.

Die Königssäule von Wildenreuth

Dort verbrachte sie genau 1½ Jahrhunderte in würdevoller Stille und neben ihr wuchs zur gleichen Zeit die Königslinde zu einem stattlichen Baum heran.
Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges begann eine recht düstere Ära für unsere Königssäule: Gelangweilte amerikanische Soldaten mißbrauchten sie als Zielscheibe, ein ebenso gelangweilter und übermütiger Teil der Dorfjugend kratzte so manches – auch heute noch verbotenes – und sonstigen Unfug in den weichen Sandstein. Das Original der die Säule krönenden Kugel ruht sehr wahrscheinlich auf dem Grund des Drahtweihers.

Mitte der fünfziger Jahre plante der neu gegründete Sportverein die Erweiterung des alten Schulsportplatzes zu einem maßstabgerechten Fußballplatz, die Königslinde fiel – nachträglich betrachtet zu schnell – der Säge zum Opfer und die Säule wurde etwa 25 Meter nach Osten versetzt, wo sie zwischen Holzstapeln und dem Rand einer Hauseingrünung fast in Vergessenheit geriet.

Die Königssäule von Wildenreuth

Hier sei jedoch eine Besonderheit erwähnt: Die Königssäule war in allen, für ihre Genauigkeit bekannten, Militärkarten eingetragen und war oft der Anlaufpunkt auf, bei den Soldaten so beliebten Orentierungsmärschen.

Nicht zu stimmen scheint dagegen eine verbreitete Meinung, das der alte Standort ein wichtiger Vermessungspunkt, ein sogenannter trigonometrischer Punkt sei; jedenfalls trifft dies nach mündlicher Auskunft des Vermessungsamtes Tirschenreuth nicht zu.

Da durch die veränderten Umstände der alte Platz nicht mehr in Frage kam, bot sich als neue Heimat und idealer Standort dieser Platz hier unter den Wilhelms-Eichen an. Wir stehen hier wiederum auf geschichtlichem Grund, was ebenfalls fast in Vergessenheit geraten wäre, wenn nicht glücklicherweise zwei Wildenreuther Bürger, unabhängig voneinander, Aufzeichnungen gemacht hätten, nämlich der Wieder Hans (Wiederschreiner) von seiner weit über 90 Jahre alt gewordenen Mutter und Roland Malbrich vom fast ebenso alt gewordenen Schwager der Wiederschreinerin, Herrn Arthur Wieder.
Demnach erinnern die beiden Bäume mit dem Namen Wilhelm-Eichen an eine Besonderheit aus dem Jahre 1888. Dieses Jahr mit dreimal die 8 sah nämlich auch drei regierende Deutsche Kaiser. Als Kaiser Wilhelm I. am 9. März 1888 starb, wurde sein Sohn Friedrich III. sein Nachfolger. Doch auch dieser starb 99 Tage später und sein Nachfolger wurde Kaiser Wilhelm II.

Zum Gedenken an diese Besonderheit pflanzte der damalige Oberlehrer Georg Götz, unter älteren Dorfbewohnern besser bekannt als „Papa Götz“, der während seiner langen Wirkungszeit unseren Ort entscheident mitgeprägt hat, pflanzte also Oberlehrer Götz mit seinen Schülern hier an diesem Platz 3 Eichen, für jeden Kaiser eine Eiche.
Wer nun nach der dritten Eiche sucht, dem sei erzählt, daß diese Eiche im Jahre 1918, als Kaiser Wilhelm II. abdanken mußte, eingegangen ist. Es ist unklar geblieben, ob dabei jemand nachgeholfen hat.

Nachdem alle Genehmigungen, Kostenvoranschläge und sonstige Formalitäten erledigt waren, wurde die Königssäule von der Firma Doreth zur Renovierung in ihre Werkstatt gebracht und im Frühjahr 1994 an ihrem neuen Standort wieder aufgestellt.

 

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