Ortschronik Wildenreuth

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Kirchen­demen­reuth · Kirchen­geschichte


Für die Anfänge der kirchlichen Entwicklung von Kirchendemenreuth und seiner nächsten Umgebung sind keine direkten Anhaltspunkte überliefert.

Die den Ort vom nächstgelegenen Naabdemenreuth unterscheidende und auf eine Kirche verweisende nähere Ortbestimmung im Ortsnamen hat sich eigentlich erst im 18. Jahrhundert eingebürgert – bis dahin lautete der Ortsname immer auf „Demenreuth“ (Tiemenriut, Diemreuth).
Doch darf aus dem Baubefund des romanischen Untergeschosses des Turmes der Kirche St. Johann Baptist und auch nach dem gerade im nördlichen Abschnitt des alten baierischen Nordgaues zur Zeit des ausgreifenden Siedlungsausbaues im Wechsel mit St. Peter fast regelmäßig verwendeten Regensburger Kirchenpatrozinium doch auf eine frühe Entstehung – etwa im 12. Jahrhundert – geschlossen werden.

Dieser Zeitansatz könnte seine Bekräftigung dadurch erhalten, daß urkundlich belegt ist, wie ein Ministeriale des Hochstiftes Bamberg 1143 zur Erziehung seines Sohnes auf einen Teil des Erlöses seines damals unbebaut bezeichneten Gutsbesitzes (predium) in Püllersreuth (Billungesriut) zugunsten des Klosters Michelsberg in Bamberg verzichtete. Als „predium“ wurde damals im Erschließungsgebiet des nördlichen Nordgaues ein Landstrich bezeichnet, der zum siedlungsmäßigen Ausbau erst vorgesehen war.

So erwarb 1217 das Kloster Waldsassen das sehr ausgedehnte „predium“ Tirschenreuth, das von da an einen wichtigen Grundstock der gesamten waldsassischen Klosterherrschaft bildete – oder aus dem benachbart davon gelegenen „predium“ Marienweiler (Sanctae Mariae Vilere = Marchaney) entstand alsbald ein gutsherrlicher Klosterbezirk oder im Kernstock des Fichtelgebirges entwickelte sich das „predium“ Hötzelsreuth zu den Ortsfluren des nachmaligen Kirchspiels Ebnath oder schließlich das „predium“ Watzkenreuth, das 1154 der Staufer Herzog Friedrich von Rothenburg dem Kloster Waldsassen übereignete, wurde zu dem dörferreichen Rodungsgebiet des Zisterzienserklosters ausgebaut, das Anfang des 14. Jahrhunderts seinen zur Stadt erhobenen Mittelpunkt Schönbach erhielt.

Charakteristisch für diese als predium bezeichneten Gutsdistrikte ist, daß von allem Anfang an jeweils als hervorgehobener Stützpunkt eine Kirche errichtet wurde.

Dies trifft auch bei Püllersreuth zu, indem hier der bambergische Bischof Eberhard II. der 1141 die Schenkung von 6 Äckern an das Kloster Michelsberg in Bamberg dem Ministerialen Wolfram von Mistendorf bestätigte und 1143 in Püllersreuth eine mit dem Patrozinium St. Andreas ausgestattete Kapelle einweihte.

Dieser frühe Ansatz zu einem für die Umgebung offenbar vorgesehenen kirchlichen Stützpunkt hat sich im Ablauf der Zeit aber nicht erweitert, vielmehr scheint Kirchendemenreuth diese Funktion bereits im Spätmittelalter übernommen zu haben.

Es war die nächste Umgebung von Püllersreuth, die etwas entlegen zur Grundherrschaft Störnstein gehörte, nämlich noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts zumindest teilweise landwirtschaftlich nicht genutzt.
Im störnsteinschen Zinsregister von 1514 wird ausdrücklich vermerkt, daß „die Kirche und Kapelle zu Pillersreuth der Herrschaft Störnstein mit aller Obrigkeit“ – nichts ausgenommen – zugehöre. Doch bezog sich diese obrigkeitliche Zugehörigkeit auf die „Öden zu Pillersreuth und darumb, die der Herrschaft sein, und das wie von alters herkommen“.
Die St. Andreas-Kapelle in Püllersreuth galt kirchlich als eine Nebenkirche von Windischeschenbach und wird deshalb in den einschlägigen Pfarreienverzeichnissen nicht eigens angeführt.

Hingegen galt Kirchendemenreuth als eine Filialkirche der Pfarrei Windischeschenbach (1514: „wird sonsten von Windischen Eschenbach auch als ein filial versehen“), deren Kirchsprengel sich noch vor der Einführung der Reformation von Kirchendemenreuth aus auf Altenparkstein, Wendersreuth, Obersdorf, Döltsch, Steinreuth sowie die Köstlmühle, die Hahnenmühle und die Lenkermühle erstreckte.

Zur Pfarrei Windischeschenbach gehörte damals als weiterer Filialsprengel Bernstein mit Röthenbach, Escheldorf (ein Edelmannsgut, die Mauer genannt), Voitenthan und Seidlersreuth. Der Pfarrsprengel Windischeschenbach selbst erstreckte sich auf Neuhaus, Dietersdorf, Scherreuth, Püllersreuth, Gleißenthal, Bach, Gerbersdorf, Nottersdorf, Naabdemenreuth, Pleisdorf, Schnackenhof, Harleshof und auf einen Hof in Berg.
Die Pfarrei Windischeschenbach mit ihren beiden Filialsprengeln Bernstein und Kirchendemenreuth, die kirchlich eine geschlossene Einheit bildete, umfaßte Ortschaften, deren Einwohner gutsherrlich und obrigkeitlich vielfach gemengt waren, wobei das Stiftsland Waldsassen, das kurpfälzische Amt Waldeck/Kemnath, das Gemeinschaftsamt Parkstein sowie vereinzelt Landsassereien daran Anteil hatten.

Nach Erlaß der vom Kurfürsten Ottheinrich zur Durchführung der Reformation in seinen Landen in Bayern am 4. April 1556 veröffentlichten Neuburger Kirchenordnung wurde gleich im darauffolgenden Jahr erstmals eine Kirchenvisitation vorgenommen, bei der über die dem Kloster und Stift Waldsassen inkorporierte Pfarrei Windischeschenbach („die pfarr gehe zu lehen und habe den einsatz vom Stift Waldsassen“) protokolliert ist:
„hat drey filialen Bernstein, Wellnreudt, Diemenreut, welcher der pfarher solle versehen, aber er versehe itzund allein Bernstein“. Daß hinzugefügt ist: „Der Wildt hab einen eigenen pfarher zu Wellenreuth aufgesetzt“, gibt der Vermutung Raum, daß der Filialsprengel Kirchendemenreuth vom benachbarten Landsassengut Wildenreuth aus, das seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Familie Wild und seit Anfang des 16. Jahrhunderts Wolf Wild von Wildenreuth in Besitz hatten, jetzt um der lutherischen Glaubenslehre willenipastoriert wurde, obgleich die kirchenorganisatorische Zugehörigkeit zu Windischeschenbach weiterhin gegeben war.

Ohnehin bestanden damals in der Pfarreiverwaltung von Windischeschenbach dadurch Unstimmigkeiten, daß – wie im Visitationsprotokoll von 1557 weiter vermerkt ist – der Pfarrer von Kirchendemenreuth, Christoph Gleißenthaler, den Zehnten aus der Pfarrei Windischeschenbach weiterhin in Anspruch nahm und damit einen Kaplan besoldete, wogegen sich „itziger pfarher“ zu (Windisch)Eschenbach und die gemein zu (Kirchen)Diemenreudt beschwerten.

Dem Landsassengeschlecht Wild von Wildenreuth standen auch die Patronatsrechte,der Kirchensatz und die Lehenschaft der Pfarrei Pressath zu, wohin sich Bindungen von Parkstein aus ergaben („die Kirche zu Parkstein am berg ist ein zukirchen und gehört gen Pressath und muß sie der pfarher von Pressath besingen“), die sich für Kirchendemenreuth insofern auswirkten, als Kirchendemenreuth mit Altenparkstein samt Staudenhof, Döltsch, Köstlmühle, Holzmühle, Lenkermühle, Obersdorf samt Hahnenmühle, Steinreuth und Wendersreuth als Filialsprengel der Pfarrei St. Pankratius in Parkstein später eingegliedert war.

In einem Pfarreienverzeichnis aus der Zeit um 1530 ist demgemäß beim Dekanat Kemnath Pressat, „parochialis, sub qua Parckstein“ eingetragen. Die Überschneidung der Zuständigkeitskompetenzen vermerkte auch das Kirchenvisitationsprotokoll aus 1556, indem es zu den Ermittlungen in der Pfarrei Windischeschenbach hinzufügte, sie habe „dreierlei obrigkeit doselbsten“.

Im Protokoll der Kirchenvisitation von 1580, die nach dem Regierungsantritt des Kurfürsten Friedrich III. als Landesherr ihr besonderes Augenmerk auf die Festigung der lutherischen Glaubenslehre auch und vor allem gegen den nunmehr überhandnehmenden Kalvinismus richtete, ist hinsichtlich Kirchendemenreuth von keiner Besonderheit, nur davon die Rede, daß die Kirche drei Kelche besitze, jedoch keinen Taufstein und man also hier zur Taufe ein Becken benutze.
Daß sonst nichts Weiteres beanstandet wurde, läßt die Kirchengemeinde als in den neuen kirchlichen Verhältnissen, also in ihrer Zugehörigkeit zur neuen Lehre, voll einbezogen erscheinen.

Kirchliche Gliederung der Pfarrei Windischeschenbach nach dem Visitationsprotokoll von 1583

Kirchliche Gliederung der Pfarrei Windischeschenbach nach dem Visitationsprotokoll von 1583


Im übrigen verfügte die Kirche von Kirchendemenreuth damals – wie dem Steuerbuch von 1588 zu entnehmen ist – über ein Vermögen von 500 Gulden, was insgesamt den Gegenwert eines größeren Hofbesitzes ausmachte.

In der Gutsherrschaf von Döltsch bestanden zur gleichen Zeit nur zwei Höfe dieser Größe, die anderen Anwesen lagen in ihrem Wert durchwegs unter 500 Gulden.

Seit dem zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts blieb Kirchendemenreuth wie seine Umgebung entsprechend den zuständigen Gebietseinheiten der ganzen Dachbarschaft reformatorisch-lutherisch bis zum Eintritt eines neuen Religionswechsels im 17. Jahrhundert.
Dabei wirkten sich selbst in engem Bereich die Vorgänge und Geschehnisse der großen Politik in der Weise aus, daß durchgreifende Veränderungen ihren Anfang nahmen.

Der im Jahre 1618 ausgebrochene und drei Jahrzehnte andauernde Religionskrieg, der nicht nur Einbußen an Leben und Gut verursachte, hatte im Ergebnis auch die Rückführung großer Teile der Bevölkerung der Oberpfalz zum Katholizismus zur Folge. Der Landesherr der Jungen Pfalz, dem Kirchendemenreuth als Glied des Gemeinschaftsamtes Parkstein zugehörte, Pfalzgraf und Herzog Wolfgang Wilhelm war bereits noch zu Lebzeiten seines Vaters Philipp Ludwig 1613 zum katholischen Glauben zurückgekehrt und führte nach Antritt der Regierung mit Hilfe der Jesuiten und gegen großen Widerstand in der Bevölkerung der kurbayerisch gewordenen Oberpfalz den Katholizismus wieder ein, doch sein Bruder August von Sulzbach, der Erbherr des pfalzneuburgischen Anteils am Gemeinschaftsamt Parkstein, dessen Landesobrigkeit dem neuburgischen Regenten vorbe-halten war, blieb der evangelischen Glaubenslehre weiterhin zugetan.
Auch sein Sohn Herzog August von Sulzbach, der 1632 die Regentschaft der sulzbachischen Erblande in der Jungen Pfalz übernommen hatte, war und blieb Protestant. Insofern bedeuteten dies und dann die nach Ende des Dreißigjährigen Krieges im Friedensschluß von Münster und Osnabrück getroffene grundsätzliche Regelung der Religionsverhältnisse allgemein, die das Jahr 1624 als Norm für die weitere Ausübung jener Religion bestimmte, die jeweils zu diesem Zeitpunkt vorherrschte, keineswegs eine Befriedung im engeren Territorialbereich, vielmehr die Ursache zur Fortdauer des gleichen Konfliktes, um dessen Beilegung ja in den drei Jahrzehnten der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein grausamer Krieg geführt wurde.

Nach dem Normjahr 1624 hätte nämlich der sulzbachische Herrschaftsbereich, dem Kirchendemenreuth zugehörte, eigentlich protestantisch bleiben sollen – doch hatte hier die Gegenreformation, vor allem mit Nachdruck des pfalzneuburgischen Vizekanzlers Simon von Labrique, der zum Pfleger in Parkstein eingesetzt wurde, bereits an Boden gewonnen.

Um 1648 schied der Filialsprengel Kirchendemenreuth aus dem bisherigen Zusammenhang mit der Pfarrei Windischeschenbach aus und wurde der Kirche St. Pankratius in Parkstein zugeordnet. Was auf der Grundlage der westfälischen Friedensverhandlungen nicht bereinigt werden konnte, stand jetzt bei den Friedens-Exekutions-Verhandlungen in Nürnberg als schwierig zu lösendes Problem an. Die bei diesen Verhandlungen ausgetauschten Kompromißvorschläge liefen auf die Anerkennung des Grundsatzes der Gleichberechtigung beider Glaubensbekennthisse und damit auf die Gewährung der Religionsausübung beider Konfessionen nebeneinander hinaus. Dafür wurde Christian August von Sulzbach die alleinige landesherrliche Obrigkeit, über das sulzbachische Gebiet im Herzogtum Neuburg, die bis dahin sich Herzog Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg vorbehalten hatte, übertragen.
Der Vergleich von Köln im Jahre 1652, der dann die Grundlage für den endgültigen Neuburger Hauptvertrag von 1656 bildete, statuierte das sogenannte Simultaneum in den sulzbachischen Landen. In diesem Zusammenhang wurde 1653 die Pfarrkirche in Kirchendemenreuth „Simultankirche“ und behielt diese Eigenschaft bis an die Schwelle der Gegenwart. Für die zur Minderheit gewordenen evangelischen Familien in Kirchendemenreuth wurde ansonsten die protestantische Pfarre Wildenreuth zuständig.
Über die Gliederung der kirchlichen Verhältnisse um Kirchendemenreuth zu Anfang des Bestehens des Königreiches Bayern und damit auch gleichbleibend für die auslaufende Zeitphase der territorialstaatlichen Periode unterrichtet ein von der Regierung des Obermainkreises 1835 angelegter „Kataster sämtlicher katholischer Pfarreien und Beneficien im Ober-Main-Kreise“.
Danach gehörtesur Pfarrei (1832 Seelen) Parkstein im Dekanat Sulzbach der Filialsprengel Kirchendemenreuth mit dem namengebenden Kirchdorf (134 Seelen) und Altenparkstein samt Staudenhof (146 Seelen), Döltsch (123 Seelen), Obersdorf mit der Hahnenmühle und der Holzmühle (34 Seelen), Oed (69 Seelen sowie Steinreuth mit der Köstlmühle und der Lenkermühle (44 Seelen) und Wendersreuth (39 Seelen).

Zur Pfarrei Windischeschenbach (2355 Seelen) im Dekanat Tirschenreuth gehörten die Holzmühle (6 Seelen) und die Filialkirche Püllersreuth (114 Seelen) mit Scherreuth (76 Seelen). Zur Pfarrei Alt- und Neustadt an der Waldnaab im Dekanat Tirschenreuth gehörten Denkenreuth (81 Seelen), Hutzelmühle (15 Seelen), Klobenreuth (81 Seelen) und der Nenzelhof (15 Seelen). Alle damit erfaßten Orte lagen in der Diözese Regensburg, die seit allem Anfang der Entwicklung an ununterbrochen der zuständige Bistumbereich gewesen und geblieben ist.
Die evangelische Minderheit, die in den heute zur Gemeinde Kirchendemenreuth gehörigen Orten um 1860 nur 8,9 % ausmachte, war die Pfarrei Wildenreuth angeschlossen, als deren Filialkirche die Simultankirche in Kirchendemenreuth galt.

 

Evangelische Kirche in Kirchendemenreuth 1965

Die Evangelische Kirche in Kirchendemenreuth 1965 von Steinreuth her gesehen.

Die Evangelische Kirche in Kirchendemenreuth 1970

Der Weg nach Kirchendemenreuth 1970

 

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