Ortschronik Wildenreuth

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Gössenreuth


Das Dorf Gössenreuth, scheint nicht immer einen Bestandteil der alten Hofmark Wildenreuth gewesen zu sein. Der Volksmund erzählt heute noch von wichtigen Rechten, die Gössenreuth angeblich in früheren Jahrhunderten besessen hätte. Worin diese allerdings bestanden hätten, wird nicht gesagt, da durch einen Brand in Weißenstadt/Ofr. die betreffenden Urkunden vernichtet worden seien. Es ist ja richtig, daß bei der Ablösung der alten Holzrechte um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Gössenreuth leer ausging, weil die Bewohner ihr Holzrecht nie in Anspruch nahmen, auch die aus diesem Recht sich ergebenden Verpflichtungen, z.B. Forsthafer und Anweiskorn nie erfüllte.

Im Urbar von 1678 (Staatsarchiv Amberg, Amt Weiden Nr. 1281) ist bemerkt: „Die Frodersreuther Untertanen seindt gleich denen Wildenreuthern dem Hochfürstlichen Brandenburgischen Mannlehen angehörig und der Behölzung auch Hudtweydt mit weniger befreyet, wie sie dann auch zu dem Flecken Wildenreuth in Zumachung desselben mit Menth und Handarbeit ( = Scharwerk und Frondienst) das Ihrige umsonst beitragen tun“.
Während diese also ziemlich belastet waren, macht Gössenreuth eine Ausnahme insoferne, als sie meist nur den Zehent gaben und nur eine verhältnismäßig (den anderen gegenüber!) geringe Geldsumme zinsten. Der Hof des Erhard Grünbauer (später Lehner Johann) war von allen Abgaben befreit. Jedenfalls ge-hen diese Sonderrechte auf eine ziemlich frühe Zeit schon zurück und da taucht unwill-kürlich die Frage auf, wie alt unsere Siedlung Gössenreuth wohl sein mag. Hier sind wir bei dem Mangel an Urkunden für einen Platz von nebensächlicher Bedeutung nur auf Vermutungen angewiesen. Bei Beginn des 13. Jahrhunderts waren die jetzigen Dörfer unserer Gegend alle bereits gegründet, die ersten Anfänge gehen in die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts zurück. Aus der unterschiedlichen Behandlung Gössenreuths durch die Wildenreuther Hofmarksherren ist man versucht zu der Annahme, daß Gössenreuth älter als Wildenreuth und Frodersreuth wäre, denn ein später entstehender Ort erhält sicherlich keine solchen Erleichterungen. Nachdem aber die Gründungen der Orte durch die fortschreitende Kolonisierung der Bayern erfolgte, müßten andere Gründer in Frage kommen und das wären in erster Linie die Nab-Wenden, ein slawischer Volksstamm. Die slawischen Stämme der Wörter göss – dünn, unfruchtbar, goisde – Wald, gesen – Esche,könnten ja in Gössenreuth vermutet werden. Näher aber liegt die Ableitung vom altdeutschen Personennamen Giso, Geis, Gezzo. Die Wurzel gis ist Speer, daher Geisel, der mit dem Speer erkämpfte Gefangene. Auffallend ist es nun, daß auf verhältnismäßig kleinem Raum so viele Ortsbezeichnun-gen dieser Art sich drängen, so Geiselhof, Geisbächlein, Geistal, Geiselholz, Geiserl. Wenn sich Zusammenhänge mit Sassenhof = Sachsenhof ergeben würden, so käme für Gössenreuth eine karolingische Gründung im 10. Jahrhundert in Frage. Das Gössenreuth hinter Wildenreuth zurückblieb, dürfte eine Folge des dort blühenden Bergbetriebs auf edle Me-talle sein. Jahrhunderte hindurch werden nur 6 Anwesen aufgezählt, zu denen bei Beginn des 18.Jahrhunderts (1729) ein Witwenhaus, das spätere Wirtshaus, kommt. Die jetzigen Hofbesitzer-Vorfahren sind in der mehrzahl im 30-jährigen Krieg nach Gössenreuth gekommen: Die Schieder und Trötsch kamen von Steinbach, Christl von Wildenreuth, die Häupler von Niederndorf, wahrscheinlich über Glasern, da ein Eintrag im Kirchenbuch Wildenreuth bei der Verehelichung des Andres Schieder mit Magdalena Häupler (cop.24.11.1636) bei dieser „von Glasern“ anführt. Eine Zeit wirtschaftlicher Not scheint vor dem 30-jährigen Krieg bereits gewesen zu sein,denn anders sind die Besitzveränderungen in einem ganz kurzen Zeitraum nicht zu erklären,nachdem die Anwesen sehr hoch im Werte standen, wie die beiden Jahre 1581 und 1616 zeigen.

Das Steuerbuch 1581 führt an (Staatsarchiv Amberg Amt Parkstein 711):
Hans Fichtner, 470 fl Wert, steuert 3 fl. 55 Kreuzer
Wolf Steininger, 363 fl.Wert, steuert 3 fl. 1 1/2 Kreuzer
Hans Wagner, 220 fl.Wert, steuert 1 fl. 50 Kreuzer
Willibrod Dobmeyer, 168 fl.Wert, steuert 1 fl. 24 Kreuzer
Görg Rüstro 237 fl.Wert, steuert 1-2f1. 53 1/2 Kreuzer
Hans Göning-2 54 fl. Wert, steuert 0 fl. 27 Kreuzer

1616 (Staatsarchiv Amberg Amt Parkstein 1622) haben sich zwar die Vermögenswerte und damit die Steuererträgnisse (vielleicht deshalb!) nicht wesentlich geändert, wohl aber die Namen der Besitzer:

Hans Fichtner steuert 3 fl. 51 1/2 Kreuzer
Hans Döbereiner steuert 2 fl. 3 1/2 Kreuzer
Nicki Döbereiner steuert 3 fl. 27 Kreuzer
Adam Grünwaldt steuert 2 fl. 55 Kreuzer
Görg Rüstro steuert 1 fl. 52 1/2 Kreuzer
Endres Hausner steuert 0 fl. 30 Kreuzer

20 Jahre später sind diese Namen restlos verschwunden. Die Schrecken des unseligen Krieges waren auch über unsere Gegend hinweggebraust und ließen nur Elend und Ver-zweiflung zurück.

Wer hätte es dem Bauer übel genommen, wenn er alles hatte liegen und stehen lassen und wäre auf und davon um ebenfalls Kriegsdienste zu tun, die auch nicht schlimmer als sein Los waren. Viele Wildenreuther sind diesen Weg gegangen, doch die Gössenreuther hielten zäh und verbissen auf ihrer Scholle aus. Ihr Glaube an eine Besserung ließ sie die schlechten Zeiten überwinden, die Hoffnung stählte ihren Arm und Raub und Plünderung hielt sie nicht ab, ihr Feld zu bestellen.

Die folgenden Jahre macht sich wieder ein Aufstieg bemerkbar. Die Steuerbücher sind auch hier der sicherste Maßstab. Doch zeigen alle Einträge, daß der Bauer nur das unumgänglich Notwendige an Vieh und Gerät beschafft. Die Kriegsfolgen machen sich 1654 noch schwer bemerkbar. Die Schweden zum Beispiel verblieben nach dem Friedensschluß noch jahrelang in unserer Gegend.

Das Steuerbuch (Staatsarchiv Amberg, Amt Parkstein Nr. 991) meldet:
Hans Heuppels Wittib, ein Hof 300 fl.Wert, sie ist Wittibs Stand, derowegen übel bestellt,
nur 250 fl.
Fahrnuß 5 fl.
2 Ochsen 24 fl.
1 Kuh 6 fl. Steuer: 3 fl. 45 Kreuzer

Niklas Ullmann
1/2 Hof 150 fl.
Fahrnuß 5 fl.
2 junge Ochsen 18 fl.
1 Kuh 6 fl. Steuer: 2 fl. 24 Kreuzer

Leonhard Christi,
1 Hof 300 fl. Wert, ist ohn ein Stadl und vermag sein Feld nit zu bestellen
daher 200 fl.
Fahrnisse 10 fl.
2 junge Ochsen 24 fl.
1 Kuh 6 fl. Steuer: 3 fl. 15 Kreuzer

Andreas Schieder
ein Hof 200 fl.
2 junge Ochsen 18 fl.
1 Kuh 6 fl. Steuer: 3 fl.

Georg Tresch,
ein halber Hof 130 fl.
Fahrnil 5 fl.
2 Ochsen 18 fl.
1 Kuh 6 fl. Steuer 2 fl. 1 Kreuzer

Hans Schieder, ein Söldengütlein
100 fl.
1 Kuh 6 fl. Steuer 1 fl. 20 Kreuzer

Viele Jahre sollte es noch dauern, bis einigermaßen geordnete Zustände wurden – und dann kam wiederum der Krieg 1701 – 1714, der als spanischer Erbfolgekrieg bezeichnet wird. Im österreichischen Erbfolgekrieg 1740 – 1748 hatte auch Gössenreuth unter Einquartierungen und Plünderungen schwer zu leiden, insbesondere lasteten die sogenannten Kriegssteuern schwer auf dem Volke. Am 15. Januar 1753 bittet der Gütler Johann Grünbauer von Gössenreuth (ein Vorfahr des Johann Lehner), ihn gegen die nochmalige Einhebung der Kriegssteuer zu schützen. Er habe bis dato bereits 18 Kriegssteuer-Raten bezahlt und weist dies durch Quittungen nach. (St.A. Amberg, Amt Weiden 3624). Auch Hagelschläge und Mißwachs trugen viel zur allgemeinen Verarmung bei.

Am 7. Juni 1709 fielen halbpfündige Hagelkörner und zerschlugen die ganze Ernte. Im Jahre 1713 wird vom gleichen Unwetter berichtet. 1726 von Hagelschlag und Wasserflut, ebenso im Jahre 1730, 1728 wurde infolge von Dürre nur ein Drittheil geerntet. In den folgenden Jahren treten immer wieder entweder recht strenge Winter oder schwere Hagelschläge auf. Zu alledem kommt in den Jahren 1796 eine schwere Viehseuche, die den größten Teil des Viehbestandes eingehen ließ. 1797 erfolgte wiederum ein schwerer Hagelschlag, sodaß „aus fremden Ländern“ Getreide eingeführt werden mußte. 1799 kreppierte massenhaft das Hornvieh in den Ställen. Die Mißernte im Jahre 1817 führte fast zur Hungersnot.

Polnisches Getreide wurde um 25 Gulden pro Achtel verkauft, während das heimische Korn im folgenden Jahre nur 4 Gulden 13 Kreuzer kostete. Das waren sicherlich auch Zeiten schwerer Not, die auch überwunden wurden. Die letzten 100 Jahre brachten für Gössenreuth keine wesentlichen Schäden, wenn man von den Hagelschlägen in den Jahren 1846 und 1907 absieht.

In den Besitzern der größeren Anwesen tritt keine Änderung ein, wie die Namen von 1708, 1729, 1768 und 1814 zeigen.

1708: (St. A, Amberg 2662)
Simon Häupler / Hans Ullmann Adam Schmidt / Erhard Schieder / Georg Trötsch / Konrad Grünbauer

1729: (St. A. Amberg, Amt Parkstein 1308):
Simon Häuplers Erben / Hans Ullmann / Johann Schieder / Erhard Schieders Wittib / Michl Trötsch / Magdalena Grünbauer / Michl Trötschens Wittib

1768: (St. A. Amberg, Amt Weiden Nr. 1281):
Egidius Häupler / Georg Ullmann / Thomas Schieder / Johann Schieder, nun Erhard Schieder / Johann Trötsch / Erhard Grünbauer / Andreas Buchheit

1814:
Johann Häupler / Jakob Ullmanns Witwe / Leonhard Sceieder / Johann Georg Schieder / Johann Trötsch / Johann Heß / Johann Adam Bühl.

1930:
Albert Häupler / Gottlieb Ullmann / Albert Schieder / Karl Schieder / Karl Trötsch (verpachtet an Meißner) / Johann Lehner / Karl Trötsch (Gastwirt).

 

 

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