Früher hatte fast jedes Dorf seinen eigenen Dorfhirten, so wie auch Wildenreuth und Frodersreuth. Der Hirte wohnte im gemeindeeigenen Hirtenhaus. Über das Hirtentum in Wildenreuth ist folgendes bekannt:
Bis 1861 wurden auf der gemeindlichen Kühhut die Kühe und Kälber (ca.100 Stück) vom Dorfhirten geweidet. Die Kühhut war eine romantisch gelegene, ziemlich sumpfige Wiese, auf der auch Wacholderstauden und Preiselbeeren wuchsen. Der Hirte gab früh um 6:00 Uhr und nachmittags um 3:00 Uhr mit seiner Schallmei das Zeichen zum Weiden.
Die Bauern ließen ihr Vieh aus den Ställen und der Hirte trieb es gemeinsam zur Kühhut. Dort blieb es vormittags bis 11:00 Uhr und nachmittags bis 8:00 Uhr. Vor dem erstmaligen Austreiben ging der Hirt von Haus zu Haus um dem Vieh die Hörnerspitzen abzufeilen. Für diese Arbeit bekam der Hirt Eier und Schmalz.
Auch die Gänse und Schweine wurden gemeinsam gehütet. Die Schweine- und Gänsehut befand sich zwischen den beiden Drahtweihern und dem damaligen Sägewerk.
Vom Frühjahr bis in den Spätherbst hinein ging der Hirte früh um ½ sieben Uhr durch die Hauptstraßen der Ortschaft und pfiff kräftig mit seiner Trillerpfeife. Daraufhin sperrten sämtliche Gänsehalter ihre Ställe auf und ließen die Gänse frei. Diese wurden dann zusammengetrieben und gemeinsam auf die Gänsehut gebracht. Dort blieben sie dann bis abends um 5:00 Uhr. Ebenso war es mit den Schweinen, die allertings erst nachmittags zur Hut gebracht wurden.
1939 wurden die Gänse und Schweine zum letztenmal auf die Hut getrieben, dann mußte der Hirte in den Krieg. Das Hirtenhaus wurde abgebrochen. Die Kühhut wurde nach Einstellung des Hutbetriebes (1861) aufgelöst und parzelliert und an die Hutberechtigten Landwirte übereignet.
Die Gänsehut wurde nach 1950 zum größten Teil an Freiherrn von Podewils verkauft, der dort ein Sägewerk mit Lagerplatz errichtete.
Der letzte Hirt von Wildenreuth war Johann Kühlein mit seiner Familie.
Johann Kühlein (links) war der letzte Gemeindehirte von Wildenreuth.
Hier mit seiner Familie auf den Stufen des ehemaligen katholischen Schulhauses von Wildenreuth (1976 abgebrochen) anläßlich der Konfirmation seines Sohnes Fritz (2. von rechts) im April 1954.