Im Jahre 1283 verkaufte der Landgraf Friedrich von Leuchtenberg an das bayerische Herzogshaus auch die Burg Waldeck mit ca. 80 Ortschaften in diesem Amte. Pressath und Zessau, sowie Feilersdorf sind bei diesem Verkauf an den bayerischen Herzog Ludwig den Strengen nicht genannt, denn diese Orte waren damals bereits im Besitz eines anderen Edelgeschlechtes gewesen. Die Leuchtenberger hatten einen ihrer Dienstmannen oder Ritter mit dem Dörflein Zessau belehent gehabt, wie ja Zessau künftig immer als „Leuchtenberg’sches Lehen“ bezeichnet wird. Die Verhältnisse bei Zessau lagen folgend:
1. Durch den Verkauf des „Landgrafenamtes“ fielen alle Orte der Herrschaft Waldeck unter die „hohe Gerichtsbarkeit“ des bayerischen Herzogshauses. Zessau unterstand also in hohen Gerichtssachen (Huldigung, Musterung, Landessteuer) dem herzoglichen Landrichter des Amtes Waldeck.
2. Grund und Boden aber von Zessau gehörten dem von Leuchtenberg belehnten Ritter. Alle Grundabgaben wie Zins, Gült, Zehent, Fron, hatte Zessau an den leuchtenbergischen Lehensritter zu geben. Dazu hatte der Lehensbesitzer noch das Recht, seine Grundholden in „kleinen“ Vergehen zu strafen – er besaß also die „niedere Gerichtsbarkeit“.
3. Der „hohe“ Gerichtsherr von Zessau waren also seit 1283 der Herzog und sein Landrichter zu Waldeck. Der Grundherr (und niedere Gerichtsherr) von Zessau war der Lehensmann. Die Zessauer waren dessen Grundholden, Untertanen oder Hintersassen. Einem kleinen Rittersmann anzugehören war immer schlimm.
4. Wie stand es dagegen z. B. mit Burkhardsreuth? Dieses fiel durch obige Verkäufe 1283 nicht nur mit der Gerichtsbarkeit sondern auch mit der „Grundherrlichkeit“ direkt an das herzogliche Landrichter- und Kastenamt Waldeck. Burghardsreuth hatte deshalb Zins und Zehent, Gült und Fron immer an den herzoglichen Kasten zu leisten. Es war besser geherrt! Burghardsreuth war den Launen eines kleinen Ritters nicht ausgesetzt.
Wie lagen die Dinge in Pressath?
Der Ort Pressath ist in dem Salbuch des Herzogs Ludwig von einer späteren Hand beigesetzt, was auf eine erst spätere Erwerbung durch das Herzogshaus hindeutet. Dieser spätere Ankauf von Pressath geschah erst im Jahre 1369 und 1414. Pressath war nämlich damals im Besitze eines Edelgeschlechtes, das sich nach seinem Sitz als „die Herren Pressather“ benannte. Diese waren die Eigentümer oder Grundherren von Pressath. Sie hatten lediglich die niedrige Gerichtsbarkeit außer den Gülten und Zinsen in diesem Orte. Der Herzog von Bayern dagegen besaß die hohe Gerichtsbarkeit – daher ein eigenes landesherrliches Gericht in Pressath. Ein Haudegen des Geschlechts der Pressather war in jener Zeit als Raubritter weit und breit gefürchtet. Die Sassung dieses Ritters wird wohl nirgendwo anders zu suchen sein als auf dem erhabenen Punkt, der als „Festung“ in Pressath noch heute bezeichnet wird. Wir hören ferner, daß die gestrengen Herren und Brüder Friedrich und Markwart die Pressather einen Diener hatten, der in der Zisterzienserabtei Ossegg (Osek in Tschechien) in Böhmen durch einen unglücklichen Zufall getötet wurde.
Die sieben Gerichte und die Gutsherrschaften im Gemeinschaftsamt 1416 / 1440
Das Geschlecht der Wilde von Wildenreuth
Die beiden Brüder verlangten dafür vom Abt Sühne. Das Stift Ossegg versprach, 10 Sechziger Groschen als Buße zu zahlen und auf Wunsch des Friedrich von Pressath dessen Sohn Friedrich den Jungen zur Erziehung ins Stift Ossegg aufzunehmen.
Wappen der Wilde von Wilderreuth
1361 starb als Domherr von Regensburg Konrad von Pressath. Mit ihm erlischt der Name der Herren, genannt „Pressather“, in den bayerischen Urkunden. Damit ist aber keineswegs gesagt, daß das Geschlecht ausgestorben sein mußte. Der Geschichtsforscher weiß nur zu gut, daß sich die einzelnen Sprossen z. B. nach einer Erbteilung jeweils gern nach dem ihnen zugefallenen Ort benannten. So fällt auf, daß zur gleichen Zeit, als die Brüder Marquari und Friedrich von Pressath den Streit mit dem Stift Ossegg hatten, in Egerer Urkunden 1294/1308 ebenfalls zwei Brüder desselben Namens als Marquard Wild und Friedrich Wild – neben anderen Zeugen aus Nachbarorten unserer Gegend – auftreten, ohne das ihr Stammsitz genannt ist.
Doch besagt eine andere Urkunde (Gradl, Geschichte des Egerlandes) vom Jahre 1337/1344 daß Marquard Wild ein Sohn war von Wolfhart, dem alten Wild von Wildenreuth.
Es ist keine leere Vermutung, wenn also behauptet wird, daß das Geschlecht der Wilde zu Wildenreuth mit dem Geschlechte der von Pressath eines Stammes und identisch ist. Für die Ortsgeschichte Pressath spielt die Festsetzung eine Rolle. Tatsächlich erscheinen nach den Herren, genannt „Pressather“, die Wilde von Wildenreuth in und bei Pressath als Nachfolger und Begüterte. So waren 1369 in Pressath Wolfhart der Wild von dem Judenhof und Jakob der Wild von Drochenmühl (Troschlhammer) begütert. Beide besaßen das Besetzungsrecht für die Marktpfarrei Pressath, und der Widernhof gehörte zu ihrem Eigentum. Aus dem Gast- und Tannlehen, das zur Kirche gehörte, genossen sie einen jährlichen Zins von 12 Schilling.
Aus diesem Besetzungsrecht muß der Schluß gezogen werden, daß die Gründung und Fundierung der Pfarrkirche Pressath eben von diesen alteingesessenen stammesgleichen Geschlechte (Wild-Pressather) ehedem erfolgt ist. Im Jahre 1557 wird berichtet, daß die Pfarr Pressath von den Wilden zu Lehen rührt, das heißt, von ihnen herstammt. Jakob Wild von Drochenmühl hatte 1363 auch die Mirga, den Mirgenhof inne, Wolfhart Wild auf dem Judenhof besaß den Zehent zu Zeissach (Zessau).
1362 werden Engelhard und Michl Wild von Wildenreuth genannt. Infolge der häufigen Erbteilungen mag das Geschlecht der Wilde damals in Notlage gewesen sein; denn: 1361 verkauft Engelhard Wild von Wildenreuth zu Krummennaab gesessen seine Vogtei über die Pfarr ’zu Makkerstorf um 300 Haller an Herzog Rudolf von Bayern. Am 24. November 1369 verkaufte Michael Wild von Wildenreuth an denselben Herzog seine Hammerstatt an der Trabitz, die jährlich 600 Pfund Haller Zins und Eisen auf einen Wagen nebst dem daranliegenden Weiher an der Naab, der jährlich 800 Pfund Haller Zins und Eisen zu einem Pflug gültete und einen Hof an der Trabitz um 300 Pfund Haller. Das war das Gut Trabitz mit dem Zainhammer!
Im Jahre 1369 verkauften die Brüder Wolfhard Wild von Judenhof und Jakob Wild von Droschimühl all ihre Besitzungen im Markte Pressath an den Pfalzgrafen Ruprecht von Bayern. Von diesem Verkauf nahmen sie bloß das Besetzungsrecht, den Widemhof bei der Pfarrkirche sowie den Zins aus dem Kirchenlehen, aus, welches Recht in Händen der Wilde bis zu ihrem Aussterben in Wildenreuth 1617 verblieb.
Das gleiche Stammeswappen
Trotz dieses Verkaufes 1369 war Pressath erst zur Hälfte herzoglich und pfalzgräflich geworden – denn neben der Familie der Wild war gleichzeitig noch die Familie der Erlbeck in Pressath begütert. Das nimmt uns aber nicht wunder, wenn wir wissen, daß die Erlbeck und die Wild miteinander stammesverwandt waren, ja, daß beide Familien nichts anderes als Seitenabzweigungen von dem Hauptstamme der Trautenberger sind und sich in früher Zeit eben nach ihrem neuen Ansitz (z.B. Wildenreuth-Erlbach) umbenannten.
Die Erlbeck, die Wilde und die alten Trautenberger führten das gleiche Stammeswappen und diese drei verwandten Linien beerbten sich untereinander und befestigten ihre Hausmacht durch Heiraten ineinander. Die Namen Worfhee, Marquard, Ulrich sind in den drei Linien geradezu daheim. 1244 genannt Marquard von Trautenberg, 1286 genannt Marquard von Trautenberg, 1288 gennannt Marquard Ulrich und Heinrich von Trautenberg, 1347 Ulrich von Trautenberg.
In der Hälfte des 14. Jahrhunderts hatten die Trautenberger und Erlbeck gemeinsam die Veste Thumsenreuth inne. 1478 erbte Wolfhart Erlbeck von den Trautenbergern die Veste Reuth (bis 1562). Die Trautenberger aber gehörten zum oberpfälzischen Uradel, saßen auf ihrer Stammburg Trautenberg, waren wichtige Kolonisatoren, griffen im sogenannten Haberland zwischen Fichtelnaab und Heidenaab immer weiter um sich und erbauten im 14. Jahrhundert das Schloß Reuth bei Erbendorf.
Vor 1346 wird Ulrich der Erlbeck gesessen zu Pressath genannt. Er hatte das wüste Lehen zu Wollau als Burggut inne. 1393 verlieh Pfalzgraf und Herzog Ruprecht an Wolfhard Erlbeck den Hammer zu dem (Geha) Gehay bei Pressath, das ist die heutige Heigemühle (= Heigamühle). Um das Hammerwerk zweckdienlich auszubauen, gab der Herzog auch 40 Morgen Acker im Wald her, um sie für den Hammer zu räumen, auch Weg und Steg durfte Erlbeck anlegen. Diese Herren Erlbeck besaßen ferner als Leuchtenberger Lehen das Dorf Oberpfaffenreuth oder den großen Schafhof und das Dorf Zessau. Die Erlbeck hatten ihren Wohnsitz in Pressath aufgeschlagen. Oberpfaffenreuth bildete hiezu eine Art Vorwerk für ihre große Schäferei. Da die Erlbeck in Pressath Grundherren waren, erklärt es sich, daß das Schafweiderecht von Oberpfaffenreuth auch über die Pressather Hubfelder ausgedehnt war.
In Zessau besaßen die Erlbeck auch einen Ansitz oder ein Schloß. Es stand mitten im Dorf Zessau anstelle des heutigen Dorfweihers, wie es in alten Urkunden beglaubigt ist. Dieser Herrensitz oder Fronhof war mit 2 ½ Höfen (dem Hofmaße nach) ausgestattet, also mit ca. über 100 Tagwerk sogenannter „Herrenäcker“. Zuletzt war ein Ulrich Erlbeck gezwungen, seine Güter zu verkaufen. Der Hammer zum „Gehab“, Zessau und Oberpfaffenreuth gingen an die Herren Löneisen über, die das Schloß Zessau bewohnten und sich Löneisen von Zessau benannten. Aber auch seine „Behausung“ und seinen Sitz sowie seine Güter in Pressath verkaufte Ulrich Erlbeck im Jahre 1417 und zwar an den Pfalzgrafen und Herzog Ludwig. Mit diesem Verkaufe wurden die bayerischen Herzoge endgültige Eigentümer und Grundherren des Ortes Pressath.
Die Erlbeck aber zogen nach Schloß Reuth bei Erbendorf, wo sie damals die Hälfte dieses Trautenbergischen Schlosses erbten. Seitdem begegnet uns kein Landsasse mehr in Pressath. Nun bewarben sich die Pressather um die Gunst ih-res landesfürstlichen Herrn. Im Jahre 1398 schon richteten sie an den Pfalzgrafen und Herzog Ruprecht ein Gesuch um Gewährung eines Wochenmarktes, der genehmigt wurde und zwar „mit Geleit und Marktgericht“. „Das war die erste Gnade“, schreibt ein unbekannter Autor aus dem Jahre 1752 – 12 Jahre später bewarb sich Pressath um Kirchweih- und Jahrmärkte. Pfalzgraf Johann bewilligte 1410 zwei Kirchweihen – an Georgi und Margareth – und Jahrmärkte mit Geleitsrecht. Er räumte den Ratsherren ferner die Befugnis ein, „alle Krämerei und Handwerke im Umkreis von einer Meile zu verbieten“. Kurz und gut: Pressath war zu einem Markt geworden.
Die wichtigsten Merkmale eines mittelalterlichen Marktes (oder einer Stadt) waren: Markt, Gericht und Befestigung. Unter Marktrecht verstand man den königlichen Schutz, den Königsfrieden, der sowohl den Markt selbst als die zum und vom Markte reisenden Kaufleute umfaßte. Die Bürger unterstanden nicht mehr dem Gerichte des Landesherrn oder seines Stellvertreters, sondern dem verliehenen Marktgericht, in welchem neben dem Marktrichter ihre Mitbürger als ihresgleichen als Schöffen saßen: In den mittelalterlichen Urkunden heißt es gewöhnlich kurz: „Es wird der Ort begnadet, eine befestigte Stadt zu errichten, zu erbauen, mit Mauern, Gräben, desgleichen einen Wochenmarkt in ihr zu halten und einen Richter einzusetzen“ (z.B. Wunsiedl 1328).
In jenen Tagen muß es also auch gewesen sein, daß Pressath nach landesfürstlicher Genehmigung mit Mauer, Graben und Toren umgeben wurde. Am oberen Tor aber wurde das pfalzgräfliche Heidelbergische Wappen (leider ohne Jahreszahl in Stein gehauen) eingemauert, „das sogleich bei Erbauung des Marktes hat müssen verfertigt werden“, wie ein Autor 1752 über Pressath schreibt. Weiter schreibt dieser unbekannte, daß die „Stadt und Niedergerichtsbarkeit gnädig ist, verliehen worden, welche in die 390 Jahr her von Marktsmagistrat derzeit unbekränkt ruhig exerziert“, (das heißt, die Niedergerichtsbarkeit, die vordem die Landsassen von Pressath ausgeübt hatten, ging um 1400 ans Marktgericht, den Magistrat über. Pressath nahm infolge dieser Privilegien einen raschen Aufschwung.
Geschrieben von Josef Scheidler