Ortschronik Wildenreuth

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Errichtung der Postanstalt Wildenreuth 1892


Die Anregung zur Errichtung einer Postanstalt in Wildenreuth ist auf einen Faschings-Scherz zurückzuführen.

Post-Anstalt Wildenreuth 1892

Einmal täglich fuhr die Postkutsche von Wildenreuth nach Windischeschenbach und zurück. Die erste Fahrt fand am 16. Oktober 1892 statt.

Am Fastnachtsdienstag des Jahres 1892 ging ich vormittags zur Herrnmühle und in guter Stimmung erlaubte ich mir einen Scherz. „Herrnmühler, haben Sie's schon gehört, Wildenreuth soll eine Postanstalt erhalten. Jetzt fragt es sich, wer den Poststall übernimmt. Die Expedition soll ich übernehmen“. „Den Poststall, den nimm ich auf alle Fäll“, antwortete freudigen Blickes mein glücklicher Freund Herrnmüller. Wenige Worte wechselten wir zwei noch und ich kehrte heim ins Schulhaus und erzählte meiner Frau das Postmärchen. Für sie war die Postmär ebenfalls ein Wunschbild: „Horch, da wenn etwas draus würde, die Expedition würde ich gerne führen, das Posteln wäre meine Freude“.

Als ich die Herrnmühle verlassen hatte, eilte der Herrnmüller ins Wirtshaus und verkündete dem Wirt und seinen Gästen: „Na, habt sie's schon gehört, Wildenreuth kriegt a Post, den Poststall übernehme ich“. Der anwesende Schloßgärtner Konstantin Baumann erwiderte: „Wer hat dir denn den Bären aufgebunden?“ „Der Lehrer hat mir's gesagt, na ist allemal wahr“.

Am Aschermittwoch abends 5 Uhr erteilte ich im Schloß Privatunterricht. Herr Baron Friedrich von Podewils, dem Gärtner Baumann die Neuigkeit unterbreitet hatte, erwartete mich mit der Frage: „Das ganze Dorf weiß schon, daß wir eine Postanstalt errichtet bekommen und mir sagen Sie kein Wort davon“. „Herr Baron, von wem haben Sie diese Neuigkeit? An die Gemeinde ist noch von keiner Seite eine Mitteilung oder Anfrage hierüber gelangt“. „Baumann erzählte mir gestern im Gewächshaus, daß Herrnmüller es für ganz bestimmt erklärt habe“. „Das beruht auf einen Fastnachtsscherz, den ich dem Herrnmüller weiß machte“. „Aus dem Scherz müssen wir ernst machen, heute noch schreibe ich an Minister Crailsheim“. Dieser antwortete: „Vorerst kann ich in der Sache gar nichts tun. Die Errichtung von Postanstalten ist eine Angelegenheit, die von der Generaldirektion der Verkehrsanstalten zu regeln ist“. Herr Baron fragte mich: „Wissen Sie niemand, der uns hier helfen könnte?“ „Vielleicht der frühere Generaldirektor von Hocheder, ein Vetter meiner Frau“. Meine Frau schrieb an ihn, bat um Rat und Unterstützung. Seine Antwort lautete: „Die Straße nach Windischeschenbach muß in gut baulichen, fahrbaren Zustand hergestellt sein und dann müsse ein entsprechender Postverkehr nachgewiesen werden können“.

Von der Gemeinde wurde ein Gesuch an das Oberpostamt Regensburg gerichtet, als Orte, die dem kommenden Zustellbezirk Wildenreuth zugeteilt werden könnten, ausser Wildenreuth, Neuenreuth, Steinbach, Geiselhof, Gössenreuth, Neumühle, Steinreuth, Kirchendemenreuth, Altenparkstein, Glasern, Friedersreuth aufgezählt. An der Straße wurden da und dort Ausbesserungen vorgenommen. Die beteiligten Nachbar-Bürgermeister (Neuffer, Steinbach und Schiml, Kirchendemenreuth) suchte ich durch freundliche Worte zu gewinnen, aber alles Reden war hier vergeblich – man gönnte uns die ersehnte Verkehrsverbesserung nicht. Unser Gesuch ruhte beim Oberpostamt in Regensburg, denn die Gegner mehrten sich, unter ihnen von Erbendorf die Postexpedition, der Stadtmagistrat, dann der Reichstags- und Landtagsabgeordnete Amtsgerichtssekretär Lehner, die alle Hebel in Bewegung setzten, um unsrem Gesuch den Todesstoß zu versetzen. Da wir längere Zeit nichts vernahmen, schickte ich als Bewerber um den Poststall Herrnmüller nach Regensburg zum Oberpostamt mit der Bitte, ein freundliches Wort auszugeben. Aber ihm wurde wenig Hoffnung gemacht, die Nachbargemeinden waren dagegen, alles sei in der Schwebe.

Da wiederholte sich die alte Geschichte: „Wer Vettern und Nachbarn vertraut, der hat ein Schloß in die Luft gebaut“. Ein 2. Brief nach München brachte Bewegung in die Bearbeitung unseres Gesuches.
Ein Vertreter des Oberpostamtes nahm die Besichtigung und Besprechung an Ort und Stelle an einem schönen Sommertage vor. Von jetzt an wurden unsere Wünsche berücksichtigt. Am 16. Oktober 1892, dem allgemeinen Kirchweihsonntage, fuhr die erste Karriolpost von Wildenreuth nach Windischeschenbach. Inhaber der Postablage (Postagentur) Lehrer Georg Götz, Stellvertreterin dessen Ehefrau Luise Götz, geb. Gabler. Poststallhalter: Gottlieb Trötsch, Müllermeister hier Haus-Nummer 3. Postillon: Johann Käs, Postbeibote: Gottlieb Stock. Der 1. Reisende von Wildenreuth nach Windischeschenbach war Bürgermeister Christian Lehner (Ellenbauer) und der 1. Reisende von Windischeschenbach nach Wildenreuth war Metzger Johann Bayer, der von einer Wiener Reise zurückkehrte.

Großer Dank gebührt Herrn Baron Friedrich von Podewils (gestorben am 30. April 1893) der die Anregung gab und mitwirkte, daß die Sache in Fluß kam und gleich großer Dank gebührt seinem Sohne, Herrn Baron Friedrich Karl von Podewils, der unter finanziellen Opfern im Jahre 1924 einsprang, daß der Karriolpostverkehr nicht einging.

Poststelle in Wildenreuth

 

5 verschiedene Poststellen in Wildenreuth

In Wildenreuth wurde am 16.Oktober 1892 eine Postablage errichtet, die am 1.Oktober 1898 zur Postagentur erhoben wurde. Die erste Poststelle in Wildenreuth befand sich im ehemaligen evangelischen Schulhaus neben der Kirche (1). Inhaber der Postablage (Postagentur) Lehrer Georg Götz (Papa Götz), Stellvertreterin dessen Ehefrau Luise Götz.

Am 1. August 1906 wurde sie in das Haus Nummer 19 verlegt.

Während des zweiten Weltkrieges (1939 –1945) um 1933 war die Post in einem Anbau des Hauses Nummer 50 von Georg Fichtner untergebracht. Nach dem Krieg bis 1948 war der Anbau Wohnung für Flüchtlinge. Nach 1948 bis zum Abbruch im Rahmen der Flurbereinigung und Dorfsanierung (1966 – 1976) als Pfarrer Christoph Schmidt (1948 – 1971) nach Wildenreuth kam, wurde der Anbau Jugendheim für die evangelische Gemeinde.

Post Wildenreuth 1939 - 1945

Die Post wurde in das Haus Nummer 48 (jetzt 8 A) verlegt. Frau Thiene Bergler geborene Rögner führte die Post in diesem Haus bis zu ihrer Pensonierung im Jahr 1967.

Poststelle Wildenreuth

Dann kam die Post bis zur endgültigen Schließung Ende Oktober 1995 in das Gebäude (5) neben der ehemaligen evangelischen Schule, wo schon viele Jahre vorher das Standesamt und die Gemeindekanzlei untergebracht war. Das Standesamt wurde 1967 aufgelöst und nach Erbendorf verlegt. Die Gemeindekanzlei zog 1968 in das neugebaute Feuerwehrgerätehaus mit Gemeindekanzlei an der Gössenreuther Straße um.

Aber die Freude über die neuen Räume dauerte nicht lange. Am 1. Januar 1978 wurde die Gemeinde Wildenreuth nach Erbendorf eingemeindet.

Seit der Schließung der Post am 31. Oktober 1995 wird Wildenreuth vom Postamt Erbendorf bedient. Das Gebäude wurde von der Stadt Erbendorf an Privat verkauft.

 

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