Ortschronik Wildenreuth

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Sagen aus Wildenreuth


Der Bauer von Wildenreuth und die Hexen

Ein Bauer von Wildenreuth ging in der Walburgisnacht von der Ziegelhütte heim. Als er sich im Freien auf einer Höhe befand, hörte er über sich ein seltsames Geräusch. Er blickte auf und sah eine Schar Hexen in flatternden Kleidern auf Besenstielen und Ofengabeln daherreiten.
Am Kreuzwege, der nicht davon war, ließen sie sich nieder.
Die Besenstiele und Ofengabeln stellten sie, während sie geheimnisvolle Zeichen machten, behutsam nebeneinander. Dann liefen sie schreiend durcheinander und führten wilde Tänze auf. Von den Tänzerinnen erkannte der Bauer eine – es war seine Nachbarin.
„So, Mirzl, Du bist auch dabei!“ rief er in die Schar hinein.
Sogleich unterbrachen die Hexen den Tanz. Mit geballten Fäusten stürzten sie sich auf den Mann. Schnell besonnen, flüchtete dieser in die Kapelle, welche sich nebenan erhob. Kaum hatte er die Türe hinter sich, prallten die Hexen an. Sie hätten ihn zerrissen, wäre es ihm nicht gelungen, noch zu rechter Zeit diesen geweihten Ort zu erreichen.


Der Schatz im Leernholz

Bei Neuenreuth/Hauxdorf, dort wo einst ein Schloß gestanden (heute noch heißt die Waldabteilung Lust oder „Altes Schloss“) und nach der Sage das „Schiedermannl“ haust, sollen ebenfalls Schätze verborgen sein. Ein Pudel hält bei ihnen Wache. Da wollte einmal einer seine Sache recht schlau machen, nahm eine lange Stange, an der er vorne Dreikönigskreide befestigte und fuhr damit vor, auf die Kiste die Anfangsbuchstaben der heiligen 3 Könige zu schreiben.
Als er aber ganz daran war, verschwand Kiste und Pudel. Daß es im benachbarten „Leernhofer“ Gehölz nicht recht geheuer ist, wissen die Leute gut. Schon manchem nächtlichen Wanderer ist hier das „Schiedermannl“ aufgebuckelt und mancher mußte es durch den Wald tragen.


Die Holzfräulein

Über die Holzfräulein wird vielerorts in verschiedenen Versionen berichtet.
Von Wildenreuth wurde bisher über die Holzfräulein noch nichts niedergeschrieben – es soll sie jedoch auch hier gegeben haben. Ich kann hier nur wiedergeben, was ich von meiner Kindheit her noch weiß. Wenn uns die Eltern oder Großeltern als Kinder mit in den Wald nahmen, zum Beerenpflücken oder Holzmachen, lagen nach einiger Zeit plötzlich kleinere Gaben, zum Beispiel Nüsse oder ein Stück Lebkuchen auf Baumstümpfen. Die Eltern erklärten uns dann, diese Gaben hätten heimlich die Holz-fräulein hingelegt, als Belohnung, weil wir so fest mitgeholfen hätten.


Der trinkfeste Pudewels

Im Jahre 1613 war Reichard Wild zu Wildenreuth gestorben und mit ihm das uralte, daselbst eingesessene Geschlecht der Wilde erloschen – das Lehensgut Wildenreuth fiel an den kurpfälzischen Lehensherrn Markgraf Christian von Brandenburg-Bayreuth als kurpfälzischer Statthalter heim und mußte neu vergeben werden.
In wohlgelaunter Stunde, die er im Kreise mannhafter Zecher verbrachte, versprach er das Gut demjenigen seiner Zechgenossen, der es fertig brächte, einen mit Wein gefüllten Schwankkübel hinter die Blinde zu gießen.
Dem edlen und festen Hans von Pudewels soll der gewaltige Trunk geglückt haben und er damit Herr von Wildenreuth geworden sein, wo sein Geschlecht bis zum heutigen Tage sitzt. Der Volksmund ergänzte die Sage über den Schwankkübel und den edlen Herren: Er soff ihn aus und spie sich drauf zum Fenster naus.

Anmerkung von Lehrer Josef Bergler, Wildenreuth:
Sei es nun Wahrheit oder Sage – möglich ist es immerhin – da ja dieser Vorgang in der damaligen trinkfreudigen Zeit bei deutschen Gutsverleihungen öfters vorkommt. So soll zum Beispiel der Ritter Boos von Waldeck das Dorf Hüffelsheim bei Kreuznach dadurch zum Lehen erhalten haben,daß er des Rheingrafen auf dem Stein bei Münster mit altem Rheinwein gefüllten Reiterstiefel leer trank. Er war allerdings nicht so glücklich wieder Pudewels, denn nach dem Trunk schlug er um und war tot. Doch konnte er in dem tröstlichen Bewußtsein sterben, seinen Erben gut bedient zu haben.

Anmerkung von Adam Bergler, Wildenreuth:
Als der letzte Wild von Wildenreuth im Sterben lag, ging es um das Erbe. Zwei Verwandte aus dem Geschlecht der Podewils kamen in Frage. Ein Podewils hielt sich schon in Friedenfels auf und lauerte auf das Ableben des Alten. Der andere Podewils lebte noch ahnungslos im Raum Bayreuth. Letzterer wäre den Wildenreuther Bauern lieber ge-wesen als neuer Gutsherr. Deshalb machten sich zwei Bauern bei Nacht und Nebel per Pferd auf zu diesem, verständigten ihn vom baldigen Ableben seines Verwandten. Der Erbanwärter ritt so schnell er nur konnte nach Wildenreuth. Dort stieß er seinen Speer ins Tor, wurde dadurch nach altem Herkommen neuer Eigentümer. Sein Verwandter hatte inzwischen auch vom Tod des alten Wild erfahren, kam aber fünf Minuten zu spät.

Aus Dankbarkeit für die Tat ihrer Ahnen waren die Nachkommen jener 2 Bauern (Steinhauser und Lehner) immer auf jedes Fest der Podewils als Gäste eingeladen.


Der Hungerturm

Im Jahre 1851 war Wildenreuth bis auf einige Häuser abgebrannt. Auch das Schloß wurde zum großen Teil ein Raub der Flammen. Als der Schutt weggeräumt wurde, fand man in den Gewölben des Hungerturmes eine Menge von menschlichen Knochen, ja ganze Gerippe wären noch an der Wand gelehnt. Einige Fuhren von Gebeinen wären auf den Friedhof gebracht worden – so geht die Mär im Volksmund.

Diese schauerliche Geschichte bzw. Überlieferung ist in dieser Form vollständig unrichtig. In früheren Jahrhunderten, wo jeder Gerichtsfall peinlichst genau untersucht und beschrieben wurde, wäre es vollständig unmöglich gewesen, daß ein Mensch spurlos hätte verschwinden können, geschweige denn eine solche Menge von Menschen. Die Untertanen hätten Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt und die Landesregierung gegen diese Ausübung der Gerichtsbarkeit mobil gemacht. Die Erzählung von einigen Ladungen Knochen, die in den Friedhof überführt wurden, mag darin ihre Ursache haben, daß, seinerzeit bei Auflösung des Friedhofes um die Kirche die Gebeine in dem neuen Friedhof beigesetzt wurden. Die Erinnerung an die bösen Zeiten der „unangemessenen Dienste an die Gutsherrschaft“ mag die Ursache dieser Schauermär gewesen sein.


Der andere Friedhof

In der Paint des früheren Bürgermeisters Rosenschon an der Straße nach Neuenreuth sollen angeblich während des 30-jährigen Krieges (1613 und 1635 – 1637), als auch hier wie an anderen Orten die Pest hauste, die an dieser Epidemie Verstorbenen begraben worden sein. Lange Jahre sah man noch im Wiesengras die Umrisse der Gräber. Wahrscheinlicher ist aber die andere Deutung, daß an der fraglichen Stelle der frühere katholische Friedhof sich befand. Dafür spricht auch der Umstand, daß diese Stelle vom jetzigen Besitzer erst gegen ein anderes Grundstück von der katholischen Kirchenstiftung eingetauscht wurde.


Der Gerichtshalter

J. George Martins war 1796 Gerichtshalter beim Patrimonialgericht Wildenreuth. Von ihm wird erzählt, daß er anläßlich eines Gelages den Ausspruch getan hätte:
„Sollt ich in die Hölle fahren, so zeig ichs durch einen Krähenschwarm an“.
Bei seinem Leichenbegängnis wären wirklich Krähen in großer Zahl und mit viel Geschrei ins Dorf gekommen. Eine andere Erzählung weicht davon ab. Martins hätte als Gerichtshalter öfters die Gebühren doppelt erhoben. Wenn die auf diese Weise geprellten einwendeten, daß sie schon bezahlt hätten, rief er:
„Soll mich der Kuckuck holen, das ist nicht wahr!“
Bei seinem Begräbnis wären wirklich 2 der oft zitierten Vögel auf die beiden Vogelbeerbäume auf dem Weiherdamm gekommen und hätten während des Begräbnisses laut geschrien.


Wilde Jagd

Im „Schauertest“ bei Gerbersdorf treibt die „Wilde Jagd“ ihr Unwesen.
Im ehemaligen Burgstall, im alten Hof soll nämlich ein Schatz vergraben sein. Auch in der Waldabteilung „Leernhof“, oder „Leernholz“ genannt, zwischen Hauxdorf und Neuenreuth, soll sich die „wilde Jagd“ gezeigt haben. Die wilde Jagd bestand aus Reitern auf Pferden, begleitet von einer Horde wilder Hunde und rauschte nachts an bestimmten Tagen durch die Luft Sie verfolgte einsame Wanderer. Man konnte sich von ihr nur retten, wenn man sich auf den Bauch legte und nicht aufsah. Wer aufsah, den nahmen sie mit und er wurde nie mehr gesehen.
Ein anderer Schutz vor der wilden Jagd war, wenn man schnell mit einer Kreide einen großen Kreis zog, sich mitten hineinstellte und die Anfangsbuchstaben der heiligen 3 Könige anschrieb. Dieser Kreis durfte die „Wilde Jagd“ nicht betreten und sie stob von hinnen.


Der Höitl

Ein Zimmermann wurde zum Räuber – jeden, den er im Wald traf, erschlug er.
Für jeden machte er eine Kerbe auf seinem Hackenstiel. Nun hatten nur noch drei Kerben Platz, so viele hatte er schon umgebracht.
Einmal kam ein Priester, dem beichtete er. Vor Schreck wollte da der Geistliche davonlaufen, als er von den vielen Morden hörte. Der Höitl erschlug ihn.
Es kam ein zweiter Priester, auch den erschlug er.
Jetzt war nur noch Platz für eine Kerbe.
Ein dritter Priester kam. Dem fing er wieder an zu beichten. Wenn er ihn nicht lossprechen wollte, so würde er diesen Geistlichen auch erschlagen und dann sich selbst umbringen.
Dieser Priester nun fragte den Höitl, ob er noch den Stecken habe, mit dem er den ersten Menschen erschlagen.
„Stecke ihn in die Erde!“ befahl der Priester. „Und bleibe so lange davor knien, bis der Stecken Äpfel trägt. Trägt er Äpfel, hat Gott Erbarmen mit dir“.
Und der Priester ging unbehelligt davon. Als er hier nach vielen Jahren wieder vorbeikam, da kniete der Höitl vor dem Stecken, der mit schönen roten Äpfeln bewachsen war. Der Höitl antwortete auf nichts und als der Priester ihn berührte, fiel er in Staub zusammen. Und aus dem Staub flog eine weiße Taube empor.


Das „Schiedermannl“ von Hauxdorf.

Eine halbe Stunde von Hauxdorf bei Erbendorf stand einst eine alte Schloßruine, in welcher der Burgherr, „Schiedermannl“ genannt, hauste – er zeigte sich in altfränkischer Tracht und belästigte die ganze Umgebung – auf seinen Ruf „Hallo!“ entfloh Alles.
Derselbe ward auch in der „Wilden Jagd“ gesehen und ist nach seinem Namen wohl an die Stelle des Wodan getreten.
Ein frommer Priester ließ geweihte Pflöcke längs des Baches, welcher die Ruine vom Walde scheidet, einschlagen, weshalb er nicht mehr über das Wasser konnte und im Walde bleiben mußte. Zu Anfang dieses Jahrhunderts soll er zur Ruhe eingegangen sein – denn seitdem hört man nichts mehr von ihm.

Anmerkung von Adam Bergler, Wildenreuth:
In Wildenreuth erzählt man folgendes über das „Schiedermannl“:
In der Waldabteilung „Schiederrangen“ bei Neuenreuth stand früher ein altes Schloß, „Neuenreuther Schlößl“ oder „Schinderhannes-Schlößl“ genannt. Der Schloßherr, das „Schiedermannl“ hugelte nachts so manchen Wanderer auf und er mußte es durch den Wald tragen.


Das Granitkreuz

Ein schlichtes Granitkreuz, wie man in der Oberpfalz so viele findet, steht am Weiherdamm nächst der Herrenmühle. Es stand früher auf der anderen Straßenseite und sollte dem Volksmund nach ein Grabkreuz für ein Massengrab aus der Schwedenzeit sein. Es dürfte sich hier jedoch um eines der bekannten Sühnekreuze handeln und die Stelle eines Mordes oder eines Totschlages bezeichnen.


Die Wasserfrauen von Wildenreuth

Nahe bei Wildenreuth ist ein sehr großer, von schönen Wiesen umgebener Weiher.
Da gingen die Herrschaft und ihre Leute gerne spazieren. Zu Zeiten schwammen Wasserfrauen auf der Oberfläche. Sie gefielen einem Schloßdiener ganz besonders und er ging öfters ganz allein zum Weiher. Einmal war er auch wieder auf dem Damme. Da warf ihm eine Wasserfrau einen Ring hinauf, und während er ihn aufhob, zog sie ihn zu sich ins Wasser hinunter. Der Schloßdiener hatte eine Frau und diese besaß einen Wunschring. Sie ging nun oft an den Weiher, um ihren Mann zu sehen und dann zu retten, aber vergebens. Er zeigte sich niemals auf dem Spiegel.
Bei Ihrem Tode gab sie den Ring der Tochter mit dem Auftrag, ja recht oft an den Weiher zu gehen, ob sie nicht doch des Vaters ansichtig würde. Sollte sie auch nur wenig von ihm erblicken, so dürfte sie nur den Ring rechts drehen und der Vater werde bei ihr auf dem Land stehen.
Eines Abends, als sie dem Befehl nachkam, sah sie die Wasserfrauen auf dem Weiher. Auch der Vater war darunter. Sie sangen gar schön und spielten im Sonnenschein. Schnell drehte das Mädchen den Ring und sogleich stand der Vater ihr zur Seite. Eilig machten sie sich auf den Weg nach Hause. Die Wasserfrauen setzten aber das Wasser so in Bewegung, daß die Wogen über den Damm hinausschlugen und ein tiefes Loch in die Erde bohrten, welches heute noch zu sehen und nicht auszufüllen ist.
Zu Hause erzählte der Vater, wie es ihm ergangen. Er fand es sehr schön bei den Wasserfrauen. Wenn es Zeit zum Essen wurde, brachten sie Speisen, die er nie gesehen. Sie waren vortrefflich. Und doch sah er sie niemals Feuer machen und kochen. Wenn eine der Entbindung näher kam, blieb sie die letzten drei Monate allein und war nicht zu sehen. Die Neugierde trieb ihn gleichwohl, eine solche zu belauschen. Sie erschien ihm wie ein Fisch mit einem Menschenkopfe. Die Schuppen am Leibe glänzten wie das reine Gold und waren auch fester als bei Fischen. Indessen zog es den Mann doch gar zu sehr zum Wasser. Seine Frau war tot und die Tochter ihm entfremdet.
So geschah es, daß sie ihn wieder hinunterbekamen, und seitdem weiß man nichts mehr von ihm.


Der Wildenreuther Meistertrunk

Geschichte und Sage wissen auch in der Oberpfalz von einem Meistertrunk zu berichten. Alten Aufzeichnungen entnehmen wir folgende Darstellung:
Im Jahre 1613 war der letzte aus dem Geschlecht „Derer von Wilden“ zu Wildenreuth gestorben.
Mit dem Tode des Reichard Wild zu Wildenreuth war das alteingesessene Geschlecht der Wilde erloschen. Das Lehensgut Wildenreuth fiel an den kurpfälzischen Lehensherrn Markgraf Christian von Brandenburg in Bayreuth als kurpfälzischen Statthalter, der es wieder vergeben mußte. Es lag in den Händen des Bayreuther Markgrafen, das Wildenreuther Gut einem anderen Adelsgeschlecht zu übereignen. Er wählte hierzu eine damals recht beliebte Art der Besitzübertragung, nämlich den Meistertrunk.

Zu diesem Zwecke veranstaltete er ein festliches Bankett. Eine Reihe feuchtfröhlicher Bewerber hatte er dazu eingeladen. Auf dem Runden Tische des großen Festsaales stand ein Schwankkeßlein voll Wein, wohl an die zehn Maß. In wohlgelaunter Stunde, die er im Kreise mannhafter Zecher verbrachte, erhob sich der Markgraf von seinem Platze, wobei er auf das Keßlein deutete und also sprach: „Dei’jenige Zechgenosse, der den mit Wein gefüllten Schwankkübel auf einmal hinter die Binde gießt, soll Besitzer des Wildenreuther Gutes werden!“
Und siehe da! Dem edlen, ehrenwerten und trinkfesten Ritter Hansen von Podewils (in einer zweiten Fassung heißt er „Pudewels“) glückte der gewaltige Trunk – denn er leerte den „Schapfa“ tatsächlich bis auf den Grund und wurde damit Herr von Wildenreuth.

Der Meistertrunk von Wildenreuth

Heinrich Freiherr von Podewils läßt sich das „Horn“ einschenken (5 Liter Bier faßt das Horn) und trinkt.

Wildenreuther Meistertrunk

Auch der 1. Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Wildenreuth, Hans Schröder durfte mal trinken und Heinrich Freiherr von Podewils denkt wohl – wird er es schaffen?

Meister-Trunk Wildenreuth

Und auch 1. Bürgermeister Hans Frieser nimmt mal einen kräftigen Schluck.

Die Bilder entstanden im Dezember 1966 nach einer Generalversammlung der Freiwilligen Feuerwehr Wildenreuth bei der Heinrich Freiherr von Podewils zum 1. Vorsitzenden gewählt wurde.

 

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